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Meer unter Himmel mit Wolken

Wie Wolken entstehen

Damit Wolken entstehen, braucht es winzige Teilchen, um die sich Tröpfchen bilden. Heimische Forscher haben nun im Labor gezeigt, wie es zu diesen "Kondensationskeimen" kommt. Eine wichtige Rolle spielen bestimmte Stoffe, die vom Menschen in die Atmosphäre gejagt werden - und das könnte sich auf das Klima kühlend auswirken.

Physik 07.10.2013

Wasserdampf kondensiert nicht einfach zu Tröpfchen: Es braucht dafür winzige Teilchen (Aerosole), an denen sich die Wassermoleküle anlagern können. Neben natürlichen Aerosolen wie Seesalz oder Sandstaub gibt es auch Teilchen, die durch Menschen in die Atmosphäre gelangen bzw. dort erst neu gebildet werden.

Der erste Schritt zu einer Wolke beginnt also damit, dass sich Moleküle zu einem Cluster zusammenklumpen. Welche Moleküle dabei eine Rolle spielen und was dabei auf molekularer Ebene passiert, wusste man bisher aber nicht genau.

Untersuchungen am CERN

Die Studie:

"Molecular understanding of sulphuric acid–amine particle nucleation in the atmosphere" von João Almeida und Kollegen ist am 6.10.2013 in "Nature" erschienen.

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 7.10., 13:55 Uhr.

Es wird angenommen, dass diese neu gebildeten Aerosole die Kondensationskeime für rund die Hälfte aller Wolkentröpfchen bilden. Daran zeigt sich die hohe Klimarelevanz der Aerosole. Denn sie wirken kühlend und damit der Erderwärmung entgegen, indem sie das Sonnenlicht reflektieren und für Wolkenbildung sorgen.

Mit dem Experiment CLOUD (Cosmics Leaving Outdoor Droplets) am Kernforschungszentrum CERN in Genf (Schweiz) steht den Forschern ein 26 Kubikmeter großer Edelstahltank zur Verfügung, in dem sie die Bildung von Aerosolpartikel und Wolken untersuchen können.

Unter bisher unerreichten, extrem präzise kontrollierbaren Bedingungen wie Temperatur, Feuchtigkeit, Konzentrationen verschiedener Stoffe, Licht und selbst kosmische Strahlung können die in der Atmosphäre herrschenden Bedingungen nachgebildet werden.

Ammoniakverbindungen

In der in "Nature" veröffentlichten Arbeit, konnten die Wissenschaftler erstmals nachweisen, wie wichtig selbst geringste Mengen sogenannter Amine für die Aerosolbildung ist. Dabei handelt es sich um eng mit Ammoniak verwandte Stoffe, im konkret untersuchten Fall Dimethylamin (C2H7N), die mit Schwefelsäuremolekülen (H2SO4) besonders starke Bindungen eingehen, wie Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Uni Innsbruck erklärte.

Dabei reichen schon kleinste Amin- und Schwefelsäuremengen aus. Bei einer Konzentration von ein bis drei Amin-Molekülen in einer Billion Luftmolekülen bilden sich bereits 1.000 Mal mehr neue Partikel, als wenn Ammoniak und Schwefelsäure Cluster bilden würde - ein Prozess, den die Wissenschaftler vor zwei Jahren in "Nature" beschrieben haben. Die in der Messkammer beobachteten Bildungsraten von Partikel entsprechen jenen, die man in der Atmosphäre beobachtet hat.

Einfluss des Menschen

Das ist insofern besonders relevant, als Amine vor allem durch menschliche Aktivitäten, etwa in der Viehzucht oder Verbrennung von Biomasse, entstehen. Da Amine sehr kurzlebig sind, dürften sie vor allem in der Nähe ihrer Entstehungsquellen eine Rolle spielen, sagte Hansel. Das könnte erklären, warum die Neubildung von Aerosolen sehr häufig in der bodennahen Atmosphäre beobachtet wird.

Für Paul Wagner von der Fakultät für Physik der Universität Wien deuten die Resultate darauf hin, dass "natürliche und durch menschliche Aktivitäten hervorgerufene Quellen von Aminen das Klima beeinflussen könnten".

Falls sich die sogenannte Amin-Gaswäsche zu einer dominanten Technologie für die CO2-Abscheidung bei Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen entwickelt, könnten die anthropogenen Amin-Emissionen in Zukunft weiter ansteigen. "Eine Ausbreitung von Aminen in nicht verunreinigte Gebiete könnte zu einer Erzeugung neuer Partikel in der Atmosphäre führen und zum kühlenden Einfluss von Partikeln auf das Klima beitragen", so Wagner.

science.ORF.at/APA

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