Standort: science.ORF.at / Meldung: "Gebürtiger Wiener unter Preisträgern "

Alfred Nobel vor einem Graphen-Gitter

Gebürtiger Wiener unter Preisträgern

Der Chemienobelpreis 2013 geht an den in Wien geborenen theoretischen US-Chemiker Martin Karplus und seine beiden US-Kollegen Michael Levitt und Arieh Warshel. Sie erhalten die Auszeichnung für die Entwicklung von Computermodellen zur Beschreibung chemischer Prozesse.

Chemienobelpreis 09.10.2013

Da chemische Reaktionen in Bruchteilen von Millisekunden abliefen und experimentell schwer fassbar seien, seien Computersimulationen "entscheidend für die meisten heutigen Fortschritte der Chemie", erläuterte die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften ihre Entscheidung. Sie könnten chemische Prozesse nachzeichnen und seien mittlerweile so realitätsgetreu wie herkömmliche Experimente. Die Grundlagen für die modernen Computermodelle legten die drei Geehrten der Akademie zufolge in den 70er Jahren.

"Die Arbeit von Karplus, Levitt und Warshel ist bahnbrechend, weil es ihnen gelang, die klassische Physik nach Newton mit der grundlegend verschiedenen Quantenphysik" zu vereinbaren, lobte die Jury. Sie hätten "das Beste aus beiden Welten" in einer Vorgehensweise integriert. Chemiker müssten sich daher bei der Anwendung von Computermodellen nicht mehr zwischen beiden entscheiden.

Die Computermodelle haben der Jury zufolge in vielfacher Hinsicht praktischen Nutzen. Sie kämen unter anderem in der chemischen Industrie, bei der Optimierung von Solarzellen, Fahrzeugkatalysatoren und von Medikamenten zur Anwendung.

"Gemischte Gefühle gegenüber Österreich"

In einer 2006 erschienen wissenschaftlichen Autobiografie schreibt Karplus, er hege "noch immer gemischte Gefühle in Bezug auf Österreich. Ich besuche das Land selten, da der Antisemitismus dort auch heute noch so verbreitet scheint wie damals. Jedenfalls habe ich kürzlich erfahren, dass ich die österreichische Staatsbürgerschaft noch immer offiziell besitze. Ich bin offenbar Doppelstaatsbürger."

Flucht vor den Nazis

Portraits der Chemie-Laureaten 2013

EPA/ROYAL SWEDISH ACADEMY OF SCIENCES

Nobelpreisträger für Chemie 2013 (v. l.): Martin Karplus, Michael Levitt, Arieh Warshel

Der 1930 in Wien geborene Karplus hat sowohl die US- als auch die österreichische Staatsbürgerschaft und forscht sowohl an der Universität Straßburg als auch an der US-Eliteuniversität Harvard. Er war bereits mit acht Jahren nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich in die USA geflohen.

Der 66-jährige Levitt stammt ursprünglich aus Großbritannien, hat aber wie der 72-jährige Israeli Warshel auch einen US-Pass. Levitt arbeitet an der Universität Stanford, Warshel an der University of Southern California in Los Angeles.

Die Auszeichnung ist wie im Vorjahr mit acht Millionen schwedischen Kronen (921.000 Euro) dotiert. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an die beiden US-Wissenschaftler Robert Lefkowitz und Brian Kobilka für die Erforschung wichtiger Kommunikationskanäle von Körperzellen.

Links:

Ö1-Sendungshinweise

Die Ö1-Journale und Ö1-"Wissen aktuell" berichten in der "Nobelpreiswoche" von 7. bis 11. Oktober über alle Auszeichnungen.

Preise für Medizin und Physik

Die bisherigen Preisträger des Jahres 2013: Der Brite Peter Higgs und der Belgier Francois Englert erhielten den Nobelpreis für Physik für die Entdeckung jenes Mechanismus, der die Masse in die Welt der Teilchen bringt.

Der Medizinnobelpreis ging an die beiden US-Amerikaner James Rothman und Randy Schekman sowie den Deutschen Thomas Südhof. Sie hatten geklärt, wie in Zellen Proteine transportiert werden und damit an die für Stoffwechselabläufe richtige Stelle kommen. Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

science.ORF.at/APA/dpa

Die Nobelpreise 2013:

Die Chemienobelpreise der vergangenen Jahre: