Das sagt jemand, der es wissen müsste: Studien-Mitautor Rupert Palme vom Institut für Biomedizinische Chemie an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien.
Die Studie:
"Are cats from multi-cat households more stressed? Evidence from assessment of fecal glucocorticoid metabolite analysis" von Daniela Ramos und Kollegen ist am 3.10.2013 in der Fachzeitschrift "Physiology & Behavior" erschienen
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Mehrkatzenhaushalte sind auch ok
Wie konnte es zu diesem Missverständnis kommen? Eigentlich ging es bei der Studie eines Teams um die Veterinärmedizinerin Daniela Ramos von der Universität Sao Paolo in Brasilien nicht um Streicheln und Stress. Ziel war es zu erheben, ob Katzen in Mehrkatzenhaushalten mehr gestresst sind als alleine gehaltene. "Das konnte nicht bestätigt werden", wie Palme gegenüber science.ORF.at ausführt.
Für das Versuchssetting mit den brasilianischen Katzen wurde aber eine Reihe von Werten erhoben, die zu der falschen Schlussfolgerung führten. So fragten die Forscher Frauchen und Herrchen nach dem Temperament ihrer Katzen ("herrisch", "ängstlich" bzw. "entspannt") und ihrem Umgang miteinander.
Dazu sammelten sie Kotproben, um sie nach bestimmten Stoffwechselprodukten zu untersuchen, die auf Stress der Tiere schließen lassen. Die Auswertung dieser Proben wurde am biochemischen Institut in Wien vorgenommen.
Bei diesen sogenannten Stresshormon-Metaboliten zeigten sich keine Unterschiede. Mit einer Ausnahme: Katzen, die Streicheln "tolerierten", waren gestresster als ihre Artgenossen. Doch was heißt "tolerieren"?
"Es hängt von den Umständen ab"
Die Forscher hatten die Tiere in drei Kategorien eingeteilt: jene, die Streicheln mögen, jene, die es nicht mögen, und jene, die es tolerieren. Über 80 Prozent der Katzen mochten das Gekraule. Die, die es nicht mochten, "sind in der Lage, es zu vermeiden", wie es in der Studie heißt. Bleiben jene knapp 15 Prozent, die das Streicheln nur "tolerieren". Sie werden dadurch tatsächlich gestresst und haben für die Schlagzeile gesorgt. "Die Aussage, dass Katzen gestresst sind, wenn sie gestreichelt werden, ist falsch", fasst es Rupert Palme zusammen. "Es hängt von den Umständen ab."
Weder liegt der Stress von Katzen alleine daran, ob sie einzeln oder zu mehrt gehalten werden, noch daran, ob sie gestreichelt werden oder nicht. Es ist vielmehr eine Vielzahl an Ursachen, die zu ihrem Wohlbefinden beiträgt: So könnte etwa der "Grad der Kontrolle über ihre Umwelt" - d.h. der zur Verfügung stehende Raum, die Anzahl von Bezugspersonen und das Verhältnis zu ihnen - viel wichtiger sein als das Vorhandensein von Artgenossen. Branchenüblicher Zusatz: Weitere Forschungen seien notwendig.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at
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