Die Leber wächst bekanntlich mit ihren Aufgaben. Das ließe sich vermutlich auch biochemisch belegen, Steve Horvath wäre jedenfalls der richtige Mann für diese Aufgabe: Der Genetiker von der University of California in L.A. hat soeben eine Methode vorgestellt, die den Ist-Zustand von Körpergeweben anzeigt.
Die Studie:
"DNA methylation age of human tissues and cell types" von Steve Horvath ist am 20.10.2013 in "Genome Biology" erschienen.
Sie basiert auf chemischen Veränderungen an der DNA. Manche Enzyme hängen sogenannte Methylgruppen an das Erbmolekül, was wiederum Einfluss auf die Aktivität von Genen hat. Wie Horvath im Fachblatt "Genome Biology" schreibt, sind die Methylierungen so etwas wie chemische Uhren: Ihr Muster ändert sich mit der Zeit und zeigt an, wie alt ein Organ ist. Stammzellen, des Körpers Nachschubquelle für neue Zellen, befinden sich in "neugeborenem" Zustand, ihre chemische Uhr steht stabil auf Null.
Krebsgewebe ist alt
Ansonsten tickt die Uhr nicht immer gleich schnell, sagt Horvath. Bis wir zu Teenagern heranwachsen, sind die Veränderungen rasant, erst ab 20 Jahren beginnt die Uhr mit konstanter Rate zu ticken. Die ist allerdings nicht in allen Geweben gleich: Das Brustgewebe von Frauen ist etwa Horvaths Analyse zufolge im Schnitt zwei bis drei Jahre älter als der restliche Körper. In der Umgebung von Tumoren ist das Brustgewebe im Schnitt gar zwölf Jahre älter. Das könnte erklären, warum Brustkrebs die am stärksten verbreitete Krebserkrankung bei Frauen ist.
Horvath hat auch Tumorgewebe verschiedener Krebsarten untersucht, hier ist die chemische Alterung um umgerechnet 36 Jahre vorangeschritten. Offen ist noch, ob die von Horvath entdeckten Uhren den Zustand eines Gewebes aktiv bestimmen oder ob sie ihn lediglich passiv anzeigen. Sollte ersteres der Fall sein, könnte man theoretisch regelnd eingreifen - und die Uhr in Leber, Herz und Nieren gegebenenfalls zurückdrehen.
Robert Czepel, science.ORF.at
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