Die Suche nach einer "zweiten Erde", einem bewohnbaren Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, zählt zu den spannendsten Forschungsvorhaben der modernen Astronomie und stand im Mittelpunkt der ersten "Littrow Lecture" der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in diesem Semester.
Rund 1000 Exoplaneten bekannt
Ein solcher extrasolarer Planet oder Exoplanet müsste ein Gesteinsplanet sein, mit einer festen Oberfläche, der eine Atmosphäre hat und auf dem die Entwicklung von Leben theoretisch möglich wäre, sagt Heike Rauer, Astrophysikerin vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin.
"Wir haben bis jetzt rund tausend Exoplaneten entdeckt. Das ist natürlich eine große Zahl. Außerdem gibt es etwa tausend Planetenkandidaten, bei denen noch geklärt werden muss, um welche Art von Himmelskörper es sich genau handelt. Aber wenn wir nur die Gesteinsplaneten zählen, dann bleiben nur ein paar dutzend", erläutert Rauer den momentanen Forschungsstand.
Veranstaltungshinweis:
Die nächste "Littrow Lecture" hält Willy Benz vom Physikalischen Institut der Universität Bern am Mittwoch, den 27.November, um 18:15 Uhr, zum Thema: "Sind wir allein im Universum?".
Indirekte Messungen
Bei der Mehrheit der Exoplaneten handelt es sich um Gasplaneten. Große Gasplaneten können - obwohl sie einige hundert Parsecs von unserem Sonnensystem entfernt sind - direkt abgebildet werden. Gesteinsplaneten, auf den Leben entstehen könnte, sind jedoch zu nah am Stern und werden davon überstrahlt. Die Astronomen sind deswegen auf indirekte Methoden angewiesen.
Die beiden erfolgversprechendsten Messinstrumente sind nach Ansicht von Heike Rauer die Radialgeschwindigkeitsmethode und die Transitmethode: "Bei der Radialgeschwindigkeitsmethode beobachten wir den Planeten, der um den Stern kreist. Dadurch bewegt sich auch der Stern mit der gleichen Umlaufperiode und wackelt etwas. Da der Stern Licht aussendet und wir ihn sehen, können wir diese Bewegung nachweisen, basierend auf dem Doppler-Effekt".
Radius und Masse
Ö1-Sendungshinweis:
Darüber berichtet auch "Wissen aktuell" am 24.10.2013 um 13:55 Uhr
Auch bei der sogenannten Transitmethode wird der Stern, in dessen Umlaufbahn der Planet kreist, beobachtet. Die Planeten ziehen - von der Erde aus gesehen - durch die Sichtlinie zum jeweiligen Stern. Der Planet steht dann kurzfristig vor dem Stern und dunkelt ihn ab. Die Lichtintensität des strahlenden Himmelskörpers nimmt dementsprechend ab, erläutert die Astrophysikerin Rauer: "Wenn ich einen Jupiter-großen Planeten vor einer Sonne messen will, dann nimmt die Strahlungsintensität um ungefähr ein Prozent ab. Und wenn ich eine 'Erde' nachweisen will, die ja viel kleiner ist, dann verringert sich das nochmal um den Faktor 100." Durch die Transitmethode erhalten die Astronomen den Radius des gesuchten Planeten und durch die Radialgeschwindigkeitsmethode die Masse.
Auch kleine Gasplaneten entdeckt
Nur bei wenigen Gesteinsplaneten in benachbarten Sonnensystemen konnten bis jetzt beide Parameter - also Masse und Radius - festgestellt werden. Durch ihre Messungen konnte die Astronomen aber eine andere wichtige Entdeckung machen: Anders als bis vor einigen Jahren angenommen, existieren auch kleine Gasplaneten, die nur zwei bis drei Erdradien groß sind. "Das konnte man sich früher nicht vorstellen. Denn in unserem Sonnensystem sind alle kleinen Planeten auch automatisch Gesteinsplaneten. Das zeigt, dass Planeten vielfältiger sind, als wir gedacht haben", ergänzt Heike Rauer.
Als nächstes Forschungsprojekt plant Heike Rauer die Mission "PLATO" für die Europäische Weltraumorganisation ESA. Die Suche nach Gesteinsplaneten soll dann weiter intensiviert werden. "Wir wollen die Massen und die Radien genau bestimmen, damit wir die kleinen Gasplaneten zuverlässig von den Gesteinsplaneten unterscheiden können", sagt die Astrophysikerin über ihr nächstes Forschungsvorhaben. Im Rahmen von "PLATO" sollen auch die Alter der Planeten genau bestimmt werden, um zu sehen, wie sich Planetensysteme mit der Zeit entwickeln.
Hinweise auf Leben
Hinzu kommt, dass alle diese Planeten um sehr helle Sterne kreisen. Deswegen könnten ihre Atmosphären mit großen Teleskopen von der Erde - dem James Webb Space Telescope und dem European Extremely Large Telescope oder von Satelliten aus genauer untersucht werden, um sogenannte Biosignaturen, also Hinweise auf Leben außerhalb unseres Sonnensystems zu finden.
Ob dieses Vorhaben gelingen wird, ist in Wissenschaftlerkreisen umstritten. Heike Rauer zeigt sich auf jeden Fall optimistisch: "Ansonsten würden wir diese ganzen Anstrengungen wohl nicht auf uns nehmen. Aber wir werden erst in einigen Jahrzehnten sehen, wer recht hatte und ob unsere Suche erfolgreich war".
Marlene Nowotny, Ö1 Wissenschaft
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