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Fangschreckenkrebs in Großaufnahme

Wie Krebse die Welt sehen

Der Fangschreckenkrebs ist Rekordhalter. Er besitzt Superaugen mit zwölf verschiedenen Lichtsinneszellen - mehr als jedes andere Tier. Übertrieben gut sehen kann er laut einer Studie allerdings nicht. Forscher rätseln: Wozu hat der Krebs so opulente Organe?

Sinnesbiologie 24.01.2014

Um Farben wahrnehmen zu können, bedarf es zwei bis vier Photorezeptoren, die auf unterschiedliche Wellenlängen ansprechen. So ist das beispielsweise beim Menschen und bei der Biene. Wobei letztere auch im UV-Bereich sehen kann. Wo die Biene Blütenmuster erkennt, sehen wir nur Gelb oder Weiß, jedenfalls kein Muster.

Die Studie:

"A Different Form of Color Vision in Mantis Shrimp" von Hanne Thoen und Kollegen ist am 23.1.2014 in "Science" erschienen.

Im Vergleich dazu ist die Ausgestaltung der Augen von "Haptosquilla trispinosa" nachgerade luxuriös. Zwölf verschiedene Lichtsinneszellen befinden sich in den Komplexaugen des Fangschreckenkrebses. Forscher fragen sich schon seit längerem, wozu das Tier so viele Rezeptoren benötigt.

Hanne Thoen hat nun versucht, diese Frage im Experiment zu beantworten. Die Biologin von der University of Queensland trainierte Fangschreckenkrebse darauf, Farben mit kleinen Belohnungen (in Form von Fressen) zu verbinden, danach folgten Tests, die das Farbunterscheidungsvermögen der Krustentiere auf die Probe stellten.

Die Krebse schnitten nicht gerade überragend ab. Sie vermochten Licht mit unterschiedlichen Wellenlängen von 25 Nanometern zu erkennen, das entspricht etwa der farblichen Distanz zwischen Gelb und Orange.

Video eines nahen Verwandten von "Haptosquilla trispinosa":

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Ein "Scanner" im Auge

Zum Vergleich: Der Mensch ist imstande, farbliche Nuancen von vier Nanometern zu unterscheiden. Und das, obwohl wir nur ein Viertel so viele Photorezeptoren besitzen. Ist das Auge des Krustentiers eine Fehlkonstruktion? Nicht unbedingt. Der Fangschreckenkrebs setze eben andere Prioritäten, schreibt Thoen im Fachblatt "Science".

Seine Farbwahrnehmung funktioniere einfach, schnell und spare vor allem aufwändige Nachbearbeitungen der Signale durch das Nervensystem. Während wir evolutionär bei den Rezeptoren gespart und ins Hirn investiert haben, hat der Krebs offenbar genau das Umgekehrte getan.

Bemerkenswert überdies, wie "Haptosquilla trispinosa" sich ein Bild von der Welt macht. Seine kugelförmigen Komplexaugen bestehen aus vielen kleinen Einzelaugen, von denen die meisten lediglich "Pixel" für das Gesamtbild beisteuern. Die Farbe sowie die Polarisierung des Lichts registriert hingegen nur ein schmales Band von Einzelaugen, das die Kugeln in zwei Hemisphären teilt. Eine Konstruktion mit Vorteilen: Räumlich sehen kann der Krebs bereits mit einem (Komplex-)Auge, wir hingegen nur mit zweien.

Um die Farbe von Freund und Feind zu bestimmen, muss der Krebs jedenfalls sein farbempfindliches Rezeptorband wie einen Scanner über das Blickfeld laufen lassen. Das sieht einigermaßen ulkig aus, wie Videos der Forscher zeigen, ebenso wie eine weitere Verhaltensauffälligkeit: Hin und wieder klemmt der Fangschreckenkrebs seine Stielaugen zwischen die Extremitäten und beginnt zu putzen.

Robert Czepel, science.ORF.at

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