Standort: science.ORF.at / Meldung: "Ein Tumor, der seit 11.000 Jahren lebt"

Ein Husky schaut nach links in die Kamera

Ein Tumor, der seit 11.000 Jahren lebt

Stirbt ein Mensch, der an Krebs gelitten hat, dann stirbt auch der Krebs mit ihm. Bei Hunden hingegen gibt es eine Tumorart, die sexuell übertragbar ist und ihre Wirte überlebt. Britische Forscher haben nun einen "Rekordkrebs" entdeckt: Er entwickelte sich vor 11.000 Jahren und wird seither von einem Hund zum anderen übertragen.

Genetik 24.01.2014

Ein Team um die Immunologin Elizabeth Murchison vom Wellcome Trust Sanger Institute hat das Erbgut dieses ältesten bisher bekannten Tumors entziffert.

Die Studie:

"Transmissable Dog Cancer Genome Reveals the Origin and History of an Ancient Cell Lineage" von Elizabeth Murchison und Kollegen ist am 23.1.2014 in "Science" erschienen.

Im Laufe der Jahrtausende haben sich darin rund zwei Millionen Mutationen angesammelt, berichten die Forscher in einer aktuellen Studie. Zum Vergleich: Die Mehrzahl menschlicher Krebsarten zeichnen sich durch 1.000 bis 5.000 Mutationen - dauerhaften Veränderungen im Erbgut - aus.

"Das zeigt, dass Krebs unter den richtigen Bedingungen trotz Millionen Mutationen über 10.000 Jahre überleben kann", fasst es Murchison in einer Aussendung zusammen.

Rückschlüsse auf Aussehen des "Urhundes"

Ö1 Sendungshinweis:

Darüber berichtet auch Wissen Aktuell am 24.1. um 13:55.

Dass sich der auch als Sticker-Sarkom bekannte Krebs von Hund zu Hund überträgt, ist seit dem späten 19. Jahrhundert bekannt. Heute ist er weltweit vor allem bei streunenden Hunden verbreitet und befällt meist die Schleimhäute der Geschlechtsorgane. Er wird vor allem sexuell übertragen, aber auch durch Lecken, Beißen oder Beschnüffeln.

Die Forscher sequenzierten nun Krebszellen von zwei Hunden, ein Cockerspaniel aus Brasilien und ein Lagerhund aus Australien. Anhand eines Mutationstyps, der regelmäßig auftritt und deshalb als eine Art "molekulare Uhr" verwendet werden kann, errechneten sie das Alter der Zellen von rund 11.000 Jahren.

Die Zellen tragen noch immer die genetischen Variationen jenes Hundes, bei dem der Krebs erstmals aufgetreten ist. "Wir wissen zwar nicht, warum der Hund von dem Krebs befallen wurde", sagt Murchison. Dennoch kann sie Rückschlüsse auf sein Aussehen ziehen: Vermutlich ähnelte er einem heutigen Husky und trug ein kurzes, glattes, graubraunes oder schwarzes Fell.

Die Genanalysen zeigten auch, dass der Tumor die längste Zeit lokal auf eine relativ kleine Population beschränkt war. In den vergangenen 500 Jahren breitete er sich hingegen rund um die Welt aus, möglicherweise weil einige der befallenen Hunde Seefahrer auf ihren Entdeckungsreisen begleiteten.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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