Enge vs. lose Kopplung
Die Studie in "Science":
"Loose Coupling Between Ca2+ Channels and Release Sensors at a Plastic Hippocampal Synapse" von Nicholas Vyleta und Peter Jonas, erschienen am 7. Februar 2014.
Die Kommunikation von Nervenzellen (Neuronen) erfolgt über Verbindungsstellen (Synapsen) an den Enden ihrer Zellfortsätze. Dort wird das elektrische in ein chemisches Signal umgewandelt. Die Nervenzelle, die die Information verschickt, schüttet dort Botenstoffe aus, die am Empfängerneuron wiederum eine Vielzahl an Reaktionen auslösen können. Das kann diese Zelle dazu anregen, auch ein Signal zu senden.
Damit die Botenstoffe ausgeschüttet werden, muss Kalzium durch eigene Kanäle in das Ende des Zellfortsatzes einströmen. Kalzium bindet dort an Sensoren, die wiederum die Ausschüttung bewirken. Je enger die Verbindung zwischen den Kalziumkanälen und den Sensoren, desto präziser laufe die Übertragung, wie es in einer Aussendung des Institute of Science and Technology (IST) Austria heißt.
Liegen die Kanäle und Sensoren lediglich zehn bis 20 Nanometer beisammen, sprechen die Forscher von enger Kopplung. Betragen die Abstände etwa 100 Nanometer, dann ist die Kopplung lose. Bisher gab es vor allem Hinweise darauf, dass lose Kopplung eigentlich in frühen Stadien der Gehirnentwicklung auftritt, enge Kopplung dagegen im entwickelten Nervensystem.
Flexible Verbindung
Die beiden Neurowissenschaftler Nicholas Vyleta und Peter Jonas untersuchten nun, ob einzelne Synapsen an Neuronen im Hippocampus eines Nagetiers - also jenem Teil des Gehirns, der entscheidend für Gedächtnis, Lernen, Erinnerung und Raumorientierung zuständig ist - lose oder enge Kopplung aufweisen. Die Analysen deuteten auf eine durchschnittliche Distanz zwischen den Kalziumkanälen und den Sensoren von ungefähr 75 Nanometern und somit auf lose Kopplung hin, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Science".
Im Hinblick darauf, dass diese Art der Kopplung langsamer und weniger präzise sei, stelle sich die Frage, welchen Vorteil sie mit sich bringt. Die Antwort könnte laut den Wissenschaftlern darin liegen, dass mit Hilfe von schnellen Kalzium-Puffersystemen die Signalübertragung noch gebremst werden kann, weil dafür etwas mehr Zeit bleibe. Die Übertragung wird dadurch flexibler.
Das könnte auch mit dem Phänomen der neuronalen Bahnung zusammenhängen. Der Mechanismus bewirkt, dass Signale leichter weitergegeben werden können, wenn sie knapp auf vorhergehende Impulse folgen. Oft befahrene Nervenbahnen lassen sich also leichter wieder aktivieren - eine Grundvoraussetzung für Lernen und Erinnern.
Die Forscher vermuten, dass es bei den Kalziumpuffern zu Sättigungseffekten kommen könnte, was dazu führe, dass dann Signale leichter weitergegeben werden können, wenn sie auf vorhergehende folgen. In Verbindung mit den schnellen Puffern könnte diese Art der Kanal-Sensor-Kopplung für die so wichtige Veränderbarkeit der Kommunikation zwischen Nervenzellen von großer Bedeutung sein.
science.ORF.at/APA