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Künstlerische Darstellung: Atome im Fusionsreaktor

Kernfusion erzeugt erstmals Energie

Der Traum von der Energiegewinnung durch Kernfusion scheint einen Schritt näher zu rücken: US-Forschern gelang erstmals eine Kernfusion, bei der weniger Energie in den Brennstoff hineingesteckt wurde, als am Ende dabei herauskam.

Technologie 13.02.2014

Die Kernfusion ist der umgekehrte Prozess zur Kernspaltung, wie sie in Atomkraftwerken angewandt wird, um Energie zu gewinnen. Nach Ansicht vieler Experten wäre die kontrollierte Kernfusion die ideale Art der Energiegewinnung, denn es gibt genug Rohstoff dafür, es fallen langfristig keine radioaktiven Abfälle an, und die Kraftwerke wären vergleichsweise sicher. Ein Gramm Brennstoff könnte in einem solchen Kraftwerk 90.000 Kilowattstunden Energie erzeugen.

Trotz jahrelanger Forschung gelang es den Wissenschaftlern bisher aber nicht, eine Kernfusion herbeizuführen, bei der mehr (verwertbare) Energie herauskam, als hineingesteckt wurde. Das Problem: Um eine Fusion zu schaffen, sind extrem hohe Temperaturen von mindestens hundert Millionen Grad nötig und ein extrem hoher Druck von außen. Solche Bedingungen bestehen zum Beispiel im Inneren von Sternen, wenn zwei Wasserstoff-Atome dort zu einem Helium-Atom verschmelzen.

Die Studie

"Fuel gain exceeding unity in an inertially confined fusion Implosion", Nature (12.2.2014; doi: 10.1038/nature13008).

Ö1-Sendungshinweis

Über dieses Experiment berichtet auch das "Mittagsjournal", 13.2.2014, 12.00 Uhr.

Zündpunkt noch nicht erreicht

Auf der Erde haben sich die Wissenschaftler entschieden, zwei Wasserstoff-Isotope zu verschmelzen: Deuterium und Tritium, deren Reaktion ebenfalls Helium hervorbringt. Bisher war der Energieaufwand dafür aber immer deutlich höher als der Energiegewinn.

Nun gelang es Wissenschaftlern des staatlichen US-Labors National Ignition Facility (NIF) in Kalifornien, durch die Hitze von 192 Lasern eine Kernfusion herbeizuführen, bei der etwas mehr Energie entstand, als zuvor in den Brennstoff hineingesteckt wurde.

Zwar kam dabei lediglich so viel Energie wie in zwei AA-Batterien (höchstens 17 Kilojoule) heraus und der Vorgang dauerte auch nur weniger als eine Milliardstelsekunde. Außerdem hatten die Forscher am Ausgangspunkt des Systems die Energie einer Autobatterie hineinstecken müssen. "Wir müssen eine hundertfach bessere Leistung erreichen, bevor wir an den Zündpunkt kommen", räumte Forschungsleiter Omar Hurricane vom NIF ein. Gemeint ist der Punkt, an dem die Atomreaktion sich dauerhaft selbst trägt. Das Ergebnis wirke bisher "bescheiden", und das sei es auch, sagte Hurricane. "Aber wir sind dem näher gekommen als irgendjemand anderes vorher."

"Mit Basketball starten und Erbse enden"

In Frankreich soll im Forschungsreaktor Iter in Cadarache versucht werden, die Kernfusion durch riesige Magnetfelder herbeizuführen. Andere Projekte, wie das des NIF, setzen auf starke Laserbombardierung der Atomkerne, die in einem winzigen Gefäß sind, um darin in sehr kurzer Zeit einen immensen Druck zu erzeugen.

"Wir legen die Kapsel mit dem Brennstoff in eine zylindrische Dose von einem Zentimeter Länge, dann schießen wir mit Laserstrahlen auf die Öffnung (...), um die Kernfusion auszulösen", erläuterte Physikerin Debbie Callahan vom NIF. Durch den Beschuss wird die Kapsel 35-mal kleiner, "so als ob man das Experiment mit einem Basketball starten und mit einer Erbse beenden würde". Die Kapsel implodiere schließlich, der Brennstoff falle in sich zusammen und fusioniere.

Trotz des Erfolgs bleiben noch riesige Aufgaben zu bewältigen, bevor Energie in einer industriellen Größenordnung durch Kernfusion erzeugt werden kann. "Wir können ehrlich nicht sagen, wann der Zündpunkt erreicht werden wird", räumte Hurricane ein. Und Callahan fügt hinzu: Angesichts der Tatsache, dass nur rund ein Prozent der Energie, die in die Laser gesteckt werde, derzeit im Brennstoff tatsächlich ankomme, gebe es noch "eine große Steigerungsspanne".

science.ORF.at/AFP

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