Standort: science.ORF.at / Meldung: "Hund und Katz können UV-Licht wahrnehmen"

Die Katze Irmi liegt auf einer Decke.

Hund und Katz können UV-Licht wahrnehmen

Menschen können nur bestimmte Wellenlängen des Lichts sehen, unsere Welt leuchtet deshalb in den Farben zwischen Violett und Rot. Ultraviolettes Licht hingegen können wir nicht wahrnehmen - ganz im Gegensatz zu vielen Tieren. Zu ihnen gehören laut einer neuen Studie auch Katzen und Hunde.

Biologie 19.02.2014

Dies berichten die beiden Biologen Ron Douglas von der City University London und Glen Jeffery vom University College London.

Orientierungshilfe für Fische und Vögel

Die Studie:

"The spectral transmission of ocular media suggests ultraviolet sensitivity is widespread among mammals" von Ron Douglas und Glen Jeffery ist am 19. 2. 2014 in den "Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences" erschienen.

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 19.2., 13:55 Uhr.

Welchen Bereich des elektromagnetischen Spektrums Lebewesen sehen können, hängt grob gesagt von drei Dingen ab: von der Art des einfallenden Lichts, von den Wellenlängen, die das Auge durchlässt, und von den Sinneszellen auf der Netzhaut. Bei Wirbeltieren ermöglichen zwei dieser Sinneszellen (Fotorezeptoren) das Sehen: die Zapfen, die für die Farbwahrnehmung sorgen, und die Stäbchen, die für das Sehen in der Dämmerung oder Nacht wichtig sind.

Menschen haben drei verschiedene Typen von Zapfen: Sie können bestimmte Wellenlängen des Lichts wahrnehmen und erzeugen - nach der Umwandlung der elektromagnetischen Signale in neurochemische - die Farbeindrücke von Blau, Grün und Rot. Viele - evolutionär betrachtet: sehr alte - Wirbeltiere verfügen über einen vierten Zapfen. Mit diesem zusätzlichen Farbrezeptor können Fische oder Vögel etwa ultraviolettes Licht wahrnehmen und sich damit besser orientieren.

Ein "milchiges" Blau-Violett

Menschen hingegen können kein UV-Licht sehen: Die Strahlung erreicht unsere Netzhaut erst gar nicht, sie wird schon vorher komplett von der Augenlinse absorbiert. Prinzipiell kann aber auch der Mensch Sinneseindrücke von UV-Strahlen haben. Das zeigen Patienten, die nach Unfällen oder chirurgischen Eingriffen ihre Linsen verloren hatten. Sie beschrieben UV-Licht als weißliches, "milchiges" Blau-Violett.

Fragen, wie UV-Licht aussieht, kann man Hunde, Katzen und andere Tiere leider nicht. Also blieb Ron Douglas und Glen Jeffery nichts anderes übrig, als die Angelegenheit möglichst objektiv zu überprüfen. Dazu untersuchten sie die Linsen von 38 Säugetierarten, bei den meisten von ihnen wurde dies zum ersten Mal gemacht.

Dass die Linsen von Mäusen, Ratten und anderen eher nachtaktiven Tieren große Mengen an UV-Strahlung auf die Netzhaut durchlassen, war schon bisher bekannt. Dass aber auch Igel, Katzen, Hunde, Frettchen und Okapis in Sachen UV-Transparenz ganz vorne liegen, ist neu. Die Linsen von Spitzhörnchen, Erdmännchen, Eichhörnchen und Makaken hingegen lassen nur sehr geringe Mengen an UV-Strahlung durch zu ihrer Netzhaut.

"Katzen sind wie Menschen ohne Linsen"

Die Frage lautet nun: Können Katzen, Hunde und Co. UV-Licht tatsächlich auch sehen? Ron Douglas ist vorsichtig: "Wir haben das nicht bewiesen, es ist aber sehr wahrscheinlich", sagte er gegenüber science.ORF.at. "Es ist vermutlich wie bei den Menschen, denen die Linsen entfernt wurden. Katzen sind wie Menschen ohne Linsen."

Beide haben zwar keine eigenen Fotorezeptoren für UV-Licht. Eine - im Vergleich zu höherwelligem Licht - kleinere Menge an UV-Strahlen wird aber von den Zapfen verarbeitet. "Vermutlich können die Tiere ultraviolettes Licht nicht als eigenständige Farbe unterscheiden", heißt es in der Studie. Aber vielleicht nehmen sie ein ähnlich weißliches Blau wahr wie die linsenlosen Menschen.

Die Frage nach der Funktion

Keine Biologie ohne die Frage nach der Funktion: Für Tiere, die in der Nacht aktiv sind, ist das noch recht einfach - sie wollen so viel Licht wie möglich verarbeiten. Auch die Erklärung für Rentiere leuchtet ein. Sie könnten mit der Wahrnehmung von UV-Strahlen das weiße Fell von Polarbären, die in der Schneelandschaft Jagd auf sie machen, leichter ausfindig machen. Auch Paarungsverhalten, Futtersuche, Orientierung und eine Art "Geheimsprache" wurde mit der UV-Wahrnehmung von Säugetieren bereits in Zusammenhang gebracht.

"Aber eigentlich ist das eine seltsame Frage", meinte Ron Douglas gegenüber science.ORF.at. "Man fragt ja auch nicht, warum Menschen grün oder rosa sehen können. Interessanter ist die Frage, warum Menschen die Fähigkeit verloren haben, UV-Licht zu sehen."

Seine Antworten darauf: Zum einen könnte eine Linse, die UV-Licht absorbiert, die Netzhaut vor Verletzungen und Schäden schützen. "Menschen werden sehr alt. Ein UV-Filter kann uns davor beschützen, dass wir erblinden." Zum anderen hängen Sehschärfe und UV-Filter zusammen: Tierarten, die weniger UV-Licht auf ihre Netzhaut durchdringen lassen, sehen schärfer und genauer.

Ron Douglas hat aber auch eine sehr prosaische Antwort: "Vielleicht fragen wir nur nach der Funktion des UV-Sehens, weil Menschen das nicht können und deshalb glauben, dass das etwas Besonderes ist."

Lukas Wieselberg, science.ORF.at

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