Wissenschaftler des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung haben in Computersimulationen die globalen Langzeitfolgen solcher Maßnahmen untersucht.
Resultat: Selbst wenn verschiedene Technologien kombiniert angewendet würden, ließe sich das Ziel, den globalen Temperaturanstieg bis 2100 auf etwa zwei Grad Celsius zu begrenzen, nicht erreichen, schreiben die Forscher im Journal "Nature Communcations".
Die Studie
"Potential climate engineering effectiveness and side effects during a high carbon dioxide-emission Scenario", Nature Communications (25.2.2014; doi:10.1038/ncomms4304).
Nach Angaben des Teams um David Keller und Andreas Oschlies sind die einzelnen Technologien entweder "relativ ineffektiv" mit begrenzten Wärmereduzierungen (weniger als acht Prozent) oder haben schwere Nebenwirkungen.
So gibt es Vorschläge, die Ozeane mit Eisen zu düngen, damit zusätzliches Plankton Kohlendioxid (CO2) aus der Luft binden kann. Andere Ideen setzen in der Atmosphäre an, wo mit Aerosolen oder Spiegeln die Sonneneinstrahlung reduziert werden soll. Die Düngung der Ozeane habe zwar für eine verstärkte Bindung von CO2 durch das Plankton gesorgt, aber auch für eine Ausbreitung von Sauerstoffminimumzonen in den Meeren, betonen die Kieler Forscher.
Aufforstung könnte auch zur Erwärmung führen
Für ihre Studie wählten sie fünf viel diskutierte Maßnahmen: Die Abschirmung von Sonnenstrahlung in der Atmosphäre, die Aufforstung großer Wüstengebiete in Nordafrika und Australien sowie drei verschiedene Techniken, mit denen Kohlendioxid im Ozean gebunden werden soll. Parallel ließen die Wissenschaftler ihr Erdsystemmodell ohne klimaregulierende Maßnahmen auf Grundlage aktueller Prognosen des UN-Klimarats laufen.
Selbst unter idealen Voraussetzungen war der Nutzen der einzelnen Maßnahmen in den Modellen begrenzt. Die Aufforstung der Sahara und des australischen Outbacks habe sogar die Erderwärmung verstärkt. "Die Wälder absorbierten zwar Kohlendioxid aus der Atmosphäre, dafür wurde die Erdoberfläche aber dunkler und konnte mehr Wärme speichern", erläutert Keller das Phänomen. Für Oschlies wäre der schlimmste Fall, wenn der Monsun sich nördlich oder südlich verschieben oder in Indien sogar ganz ausbleiben würde.
Klima-Backlash befürchtet
Eine weitere Frage, mit der sich die Forscher beschäftigten: Was passiert, wenn die eingesetzten Technologien aus politischen oder technischen Gründen abgeschaltet oder wieder rückgängig gemacht werden? "Bei fast allen sahen wir eine rasante Angleichung an die Klimaentwicklung ohne Climate Engineering", so Keller. Wenn etwa die Sonnenstrahlung nach 50 Jahren plötzlich nicht mehr abgeschwächt werden würde, erwärmte sich die Erde innerhalb weniger Jahrzehnte oder gar Jahre um mehrere Grad. "Die Entwicklung wäre viel schneller als der aktuelle Klimawandel, mit möglicherweise noch katastrophaleren Folgen."
USA plant Aerosol-Versuche
Laut Oschlies wird Forschung im Bereich Climate Engineering vor allem in den USA, Großbritannien und Kanada ebrieben: "Dort wird an der Machbarkeit gearbeitet, an der technischen Umsetzung. Wir in Deutschland wollen erst einmal die reine Bewertung."
Bereits in den nächsten fünf Jahren sei mit Feldexperimenten zu rechnen. In den USA könnten bereits in diesem Jahr Aerosol-Versuche stattfinden, um Sonnenlicht abzuschatten. "Das ist sehr weit, sehr konkret geplant."
"Wirtschafts- und Vernebelungsmodell"
Oschlies betont auch die wirtschaftliche Bedeutung von Climate Engineering und die Instrumentalisierung in der politischen Diskussion. Lobbyisten-Verbände in den USA, die erst den Klimawandel bestritten hätten, schwenkten jetzt um und propagierten Climate Engineering "als das Allheilmittel".
Natürlich sei dies auch für die Großindustrie sehr interessant, ein neues Geschäftsfeld. "Das ist ein Wirtschaftsmodell, aber auch ein Vernebelungsmodell, um von den richtigen Probleme abzulenken. Und es wird in den Klimaverhandlungen aktuell schon politisch benutzt."
science.ORF.at/dpa
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