Standort: science.ORF.at / Meldung: "Bakterien, die in den Zellkern eindringen"

Künstlerische Darstellung von Zellen/Mikroben

Bakterien, die in den Zellkern eindringen

Die meisten Bakterien leben friedlich in der Umwelt, manche befallen aber andere Lebewesen. Einigen davon reicht es dabei nicht, in die Körper ihrer Opfer zu kommen - sie dringen sogar in einzelne Zellen ein, um sich dort zu vermehren. Wiener Forscher haben nun Bakterien gefunden, die sogar in die Schaltzentrale von Zellen gelangen.

Mikrobiologie 21.03.2014

Großes Manipulationspotenzial

Die Studie im "ISME Journal":

"Life in an unusual intracellular niche: a bacterial symbiont infecting the nucleus of amoebae" von Frederik Schulz et al., erschienen im Februar 2014.

Die Wissenschaftler um Matthias Horn vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien entdeckten in Zellkernen von Amöben neuartige Bakterien, die sie "Nucleicultrix amoebiphila" tauften. Amöben sind einzellige Lebewesen, die ihre Gestalt ändern können. Diese Nucleicultrix-Bakterien haben offensichtlich die Abwehrsysteme ihrer Wirtszellen übergangen und direkt die Zellkerne infiziert, wo sie sich vermehren, schreiben die Forscher in einer Aussendung.

Nucleicultrix im Zellkern einer Amöbe

Uni Wien

Nucleicultrix-Bakterien (rosa gefärbt) im Zellkern einer Amöbe.

"Dieser direkte Angriff auf die Schaltzentrale von höher entwickelten Zellen birgt ein großes Potenzial, den Wirt zu manipulieren", so die Forscher. So könnten die noch kaum erforschten Bakterien etwa beeinflussen, welche Gene in den Wirtszellen angeschaltet werden. Sie wären im Zellkern auch vor verschiedenen Abwehrmechanismen geschützt und würden bei einer Zellteilung automatisch an die Nachkommen weitergegeben, erklärten sie.

Als die Forscher die Datenbanken durchstöberten, fanden sie heraus, dass solche Bakterien offenbar gar nicht so selten sind. "Verwandte Mikroorganismen konnten in einer Vielzahl an Umweltproben aufgespürt werden", schrieben die Biologen. Fürchten muss man sich trotzdem nicht vor Nucleicultrix und seinen Verwandten: Bisher lägen keine Hinweise auf eine Bedeutung dieser Bakterien als Krankheitserreger vor, so Horn.

science.ORF.at/APA

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