Was seine Materialeigenschaften betrifft, hätte der Diamant gegenüber Halbleitern durchaus einige Vorteile. Er ist transparent, elektrisch isolierend, äußerst widerstandsfähig und speichert außerdem kaum Wärme. "Im Grunde eine sehr träge Substanz, man kann eigentlich gar nichts damit machen. Für Wissenschaftler sind Diamanten ziemlich langweilig - es sei denn, sie wollen sich verloben", sagt Chris Hammel. Dem Experimentalphysiker von der Ohio State University hat es der Diamant dennoch angetan.
Spin geht auf Wanderschaft
Die Studie
"The effect of spin transport on spin lifetime in nanoscale Systems", Nature Nanotechnology (doi: 10.1038/nnano.2014.39 ).
Hammel hat nämlich soeben mit seinen Mitarbeitern vier Mikrometer lange und 200 Nanometer breite Leitungsbahnen aus Diamant entwickelt, die in ferner Zukunft in Computern zum Einsatz kommen könnten. Wobei die kleinsten Informationspartikel nicht durch Strom oder Nicht-Strom repräsentiert sind, sondern durch den sogenannten Elektronenspin. Dieser quantenmechanische Drehimpuls weist praktischerweise in zwei Richtungen und wäre daher als Träger des Bits geeignet.
Wie Hammel im Fachblatt "Nature Nanotechnology" schreibt, kann die Diamantleitung in der Tat Information transportieren, sofern man sie auf vier Grad über dem absoluten Nullpunkt abkühlt. Weitere Voraussetzung: Damit der Spin durch das Kohlenstoffgerüst wandert, muss man darin ein paar Stickstoffatome mit ungepaarten Elektronen einbauen. Viele braucht es dafür nicht: Ein Stickstoff pro drei Millionen Kohlenstoffe genügt - und die Information bleibt im Fluss.
Das ist freilich nur ein Machbarkeitsbeweis. Bis Diamant-Transistoren Realität sind oder die "Spintronik" gar die Elektronik ersetzt, gibt es noch einige Hürden zu überwinden. Und nicht zuletzt gilt es auch die Kosten im Auge zu behalten: Der Diamantleiter aus dem Labor habe 100 US-Dollar gekostet, erzählt Hammel. Immerhin billiger als ein Verlobungsring.
Robert Czepel, science.ORF.at
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