Melanin bindet Metall
Die Studie in den "Biology Letters":
"The adaptive function of melanin-based plumage coloration to trace metals" von M. Chatelain et al., erschienen am 26. März 2014.
Das Pigment Melanin färbt Haut, Haare und Federn schwarz oder braun. Laut Marion Chatelain, Ökologin an der Pariser Pierre et Marie Curie Université, kann Melanin auch Metalle wie Blei und Zink binden. Aus Studien sei bekannt, dass Vögel, die großen Mengen dieser Metalle ausgesetzt sind, eine geringere Anzahl an Eiern legen und die Männchen weniger fruchtbar sind.
Chatelain und ihre Kollegen vermuteten daher, dass das dunkelgraue Federkleid den Stadttauben einen Überlebensvorteil verschafft. Denn wenn das Melanin Metalle bindet, könnten anders als bei ihren helleren Artgenossen weniger davon ins Blutsystem gelangen. Als Folge davon würden sich im städtischen Bereich langfristig dunklere Tiere durchsetzen.
Überlebensvorteil Farbe?
Um diese Annahmen zu überprüfen, fingen die Forscher 97 frei lebende Tauben in einem sehr verbauten Pariser Vorstadtgebiet. Sie hielten die Tiere ein Jahr lang in Freiluftkäfigen und fütterten sie mit Mais, Weizen und Erbsen. Zu Beginn maßen sie die Konzentration von Zink und Blei in zwei langen Federn. Ein Jahr später wiederholten sie die Prozedur an jenen Federn, die aus denselben Follikeln nachgewachsen waren.
In Gefangenschaft fiel die Konzentration bei allen Tauben deutlich ab, von 328 auf 89 ppm (parts per million). Die dunklen Tiere der Gruppe hatten dabei mehr Zink in den Federn als die hellen. Das legt den Forschern zufolge nahe, dass die grauen Vögel unter denselben Umweltbedingungen mehr Zink und unter Umständen auch andere Schadstoffe von ihrem Blutkreislauf fernhalten. Gebunden in Federn seien Gifte vermutlich weniger gesundheitsschädlich. Zum Beleg dieser Hypothese wollen die Wissenschaftler in zukünftigen Untersuchungen auch die Konzentration der Metalle im Blut messen.
Genau dort liegt auch die Schwachstelle der Studie, wie Marcel Eens von der Universität Antwerpen gegenüber "Science Now" anmerkt. Ohne die Messung des Blutspiegels könne man die Schutzwirkung eines dunklen Federkleids nicht belegen. Außerdem, meint der Ökologe, reicht der Effekt in sehr belasteten Gegenden wohl nicht aus, denn Tauben tauschen nur einmal pro Jahr ihre Federn. Eens zufolge könnten es noch ganz andere Erklärungen für das gehäufte Vorkommen von dunklen Tieren in der Stadt geben. Forschungsarbeiten zeigen beispielsweise, dass diese kräftiger und aggressiver sind als ihre hellen Genossen - im kompetitiven urbanen Raum durchaus ein Vorteil.
Eva Obermüller, science.ORF.at