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Eleutherodactylus coqui im Regenwald von Puerto Rico

Klimawandel lässt Frösche höher quaken

Von einem ungewöhnlichen Effekt des Klimawandels berichten US-Biologen. Die steigenden Temperaturen verändern offenbar die Stimmlage männlicher Frösche. Sie quaken nun höher als vor 30 Jahren.

Verhalten 09.04.2014

Der Höhlen-Pfeiffrosch gehört zu jenen Tierarten, die so heißen, wie sie klingen. Er ist quasi der Kuckuck des Regenwaldes. Eleutherodactylus coqui lautet sein wissenschaftlicher Name, die Einheimischen sagen "Coqui" zu ihm, eben des Rufes wegen (Hörprobe hier).

In der Froschsprache ist mit diesen zwei Silben bereits alles gesagt, was zu sagen ist. Das kurze "Co" richtet sich an männliche Artgenossen und bedeutet so viel wie: "Weg da, mein Revier." Das "Qui" gilt den Weibchen, die der Pfeiffrosch beeindrucken und anlocken will. Das ist seit den 70er Jahren bekannt, neu ist aber nun die Erkenntnis, dass die Rufe offenbar mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen.

Die Studie

"Climate change and frog calls: long-term correlations along a tropical altitudinal gradient", Proceedings of the Royal Society B (9.4.2014; doi: 10.1098/rspb.2014.0401).

Ö1 Sendungshinweis:

Über die Studie berichtet auch "Wissen Aktuell" am 9. April 2014 um 13.55 Uhr.

Peter Narins und Sebastiaan Meenderink haben 2006 in Puerto Rico Coquis aufgenommen und diese mit Aufnahmen aus den Jahren 1983/84 verglichen. Resultat: Die Frösche quaken nun höher und schneller als es damals der Fall war. Die beiden Biologen von der University of California, L.A., gehen davon aus, dass die seitdem gestiegene Temperatur dafür verantwortlich ist. Denn Amphibien sind wechselwarme Tiere und als solche stark von der Umgebungstemperatur abhängig. Im Fall des Coqui spielt noch die Körpergröße eine wichtige Rolle. Hier gilt: Je größer der Frosch, desto tiefer seine Stimme und gemächlicher sein Vortrag.

Probleme bei der Partnersuche

Bereits frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass all diese Faktoren zusammenhängen. Der Höhlen-Pfeiffrosch kommt im El Yunque Nationalforst, wo die Forscher ihre Aufnahmen gemacht haben, bis in Höhenlagen von 1.000 Metern vor. Wobei sich die großen Frösche in den höheren und somit kühleren Regionen ansiedeln, die kleinen in tieferen und wärmeren.

Bässe und Tenöre waren also immer schon entlang eines Temperaturgradienten verteilt, der Klimawandel hat nun einfach die Tonlage nach oben verschoben, und zwar im wahrsten Sinne. Narins und Meenderink rechnen hoch, dass sich die Frequenzen bis Ende des Jahrhunderts weiter - nämlich um sechs bis zwölf Prozent - anheben werden. Das könnte zu Problemen bei der Partnersuche führen, vermuten die Biologen. Denkbar wäre, dass die Weibchen die Rufe nicht mehr hören oder sie schlichtweg ignorieren, weil Countertenöre beim Coqui nicht gefragt sind.

Das wäre nicht der erste Fall, bei dem der Klimawandel die Partnersuche beeinflusst. Wie Forscher der University Exeter vor zwei Jahren herausgefunden haben, ist das Geschlechterverhältnis der Suppenschildkröten in den letzten Jahren aus dem Ruder gelaufen. Schildkröten bestimmen ihr Geschlecht über die Temperatur, daher sind in manchen Regionen, Zypern etwa, bis zu 96 Prozent aller Tiere weiblich. Genetische Analysen zeigen: Die verbliebenen Männchen haben nun viel zu tun.

Robert Czepel, science.ORF.at

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