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Ein streitendes Paar: sie schreit ihn an, er ballt die Faust.

Hunger macht Paare aggressiver

Auseinandersetzungen sollten Ehepaare nur gut gesättigt angehen. Denn laut einer neuen Studie steigen die Aggressionen zwischen Partnern, wenn ihr Blutzuckerspiegel sinkt. Hunger könnte sogar eine - bisher unterschätzte - Ursache von häuslicher Gewalt sein, legen US-Forscher nahe.

Psychologie 15.04.2014

Das Team um den Psychologen Brad Bushman von der Ohio State hatte das Verhalten von 107 heterosexuellen Paaren untersucht, die im Schnitt bereits zwölf Jahre miteinander verheiratet waren.

Die Studie:

"Low glucose relates to greater aggression in married couples" von Brad Bushman und Kollegen ist am 14.4.2014 in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften erschienen.

Nadeln in Voodoo-Puppen …

Die Forscher ermittelten die Stärke der Aggressionen zwischen den Partnern mit Hilfe von Voodoo-Puppen. Jeder Partner erhielt so eine Puppe, mit dem Hinweis, dass diese seinen Partner symbolisieren würde. Dazu bekamen sie 51 Nadeln.

Insgesamt drei Wochen lang sollten die Teilnehmer nun Abend für Abend - unbeobachtet vom jeweiligen Partner - Nadeln in die Puppe bohren. Und zwar umso mehr, je ärgerlicher sie auf ihren Partner waren.

Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin musste morgens vor dem Frühstück und abends vor dem Zubettgehen den eigenen Blutzuckerspiegel messen. Die Ergebnisse waren eindeutig: Je geringer der abendliche Blutzuckerspiegel der Probanden, desto mehr Nadeln rammten sie in ihren Puppenpartner.

… und unangenehme Geräusche

Nach den drei Wochen sollten die Paare im Labor in einem abschließenden Spiel gegen ihren Partner antreten: Die Forscher sagten ihnen, es ginge darum, wer als erster eine Taste drückt, wenn ein rotes Quadrat auf einem Bildschirm erscheint.

Der Gewinner entscheide nach jeder Runde, wie lange und wie laut dem Verlierer ein Gemisch lauter und unangenehmer Geräusche auf einen Kopfhörer vorgespielt werde, etwa das Kratzen von Fingernägeln auf einer Tafel, das Heulen von Sirenen oder Zahnarzt-Bohrgeräusche.

In Wirklichkeit spielten die Partner, die in getrennten Räumen saßen, nun allerdings gegen den Computer, der sie in knapp der Hälfte der Fälle gewinnen ließ. Auch hier zeigte sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem durchschnittlichen Zuckerspiegel am Abend und aggressivem Verhalten: Je niedriger der Blutzucker, je länger und lauter die Geräusch-Attacke auf den Partner.

Verminderte Selbstkontrolle

Die Forscher erklären den Zusammenhang mit einer verminderten Selbstkontrolle durch einen sinkenden Blutzuckerspiegel. Glucose sei eine Art Treibstoff für das Gehirn und für die Selbstkontrolle erforderlich.

Studien hätten zum Beispiel gezeigt, dass mit einem niedrigen Glucose-Spiegel aggressive Impulse schlecht unterdrückt und Emotionen nur schwer gesteuert werden können.

Im Englischen gibt es sogar ein Wort für die unerfreuliche Mischung von Hunger und Ärger: "Hangry", eine Kombination aus hungry (hungrig) und angry (ärgerlich). Eine passende Beschreibung im Deutschen? Vielleicht "hungerlich".

science.ORF.at/dpa

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