Das spricht für eine Verdrängung bzw. Einverleibung der ansässigen Menschen durch die Einwanderer.
Meilenstein der Menschheitsgeschichte
Die Studie in "Science":
"Genomic Diversity and Admixture Differs for Stone-Age Scandinavian Foragers and Farmers" von Pontus Skoglund et al., erschienen am 25. April 2014.
Der Übergang zur Landwirtschaft gehört zu den bedeutendsten Ereignissen der Menschheitsgeschichte. Die Neolithische Revolution leitete eine völlig neue Epoche ein: Der Mensch wurde sesshaft, die Bevölkerung wuchs enorm und immer komplexere Gesellschaften entstanden. "Erfunden" wurde die neue Lebens- und Gesellschaftsform im Nahen Osten vor etwa 12.000 Jahren, vermutlich an mehreren Orten gleichzeitig.
Unklar ist bis heute, auf welche Weise die Revolution Europa erfasste: Waren es die Immigranten selbst, die ihre neue Lebensform aus dem Nahen Osten mitbrachten oder haben die vormaligen europäischen Jäger und Sammler lediglich deren Ideen und Kulturtechniken übernommen? Mögliche Antworten liefern heute populationsgenetische Analysen.
So zeigte etwa eine Untersuchung des Y-Chromosoms heute lebender europäischer Männer, dass die meisten von ihnen von Bauern aus dem Nahen Osten abstammen. Dass die genetische Landkarte Europas in irgendeiner Form durch Vermischung entstanden ist, gilt somit mehr oder weniger als sicher; nicht aber, wie der Prozess im Einzelnen verlaufen ist.
Genetische Unterschiede
Zu diesem Zweck haben die Forscher um Pontus Skoglund von der schwedischen Uppsala Universität für ihre Studie nicht heutiges, sondern steinzeitliches Erbgut untersucht und verglichen. Das genetische Material stammte von insgesamt elf Individuen, sechs waren Angehörige einer neolithischen Jäger-und-Sammler-Sippe, die der Grübchenkeramische Kultur zugerechnet werden, vier waren neolithische Bauern aus der Trichterbecherkultur und einer ein später mesolithischer Jäger und Sammler. Letzterer wurde auf ein Alter von 7.500 Jahren datiert, die anderen auf etwa 5.000 Jahre. Alle waren bei Ausgrabungen in Schweden gefunden worden.
Es zeigte sich, dass sich die steinzeitlichen Gruppen genetisch viel stärker unterschieden als heutige Europäer im Allgemeinen. Die beiden Gemeinschaften selbst waren in ihrer internen genetischen Struktur ebenfalls recht verschieden. Während sich die Jäger und Sammler untereinander sehr ähnelten, hatten die Bauern offenbar einen größeren Genpool. Das legt den Forschern zufolge nahe, dass die nicht sesshaften Steinzeitmenschen in viel kleineren Gruppen gelebt haben. Das hatte vermutlich auch mit dem Klima und den Lebensumständen zu tun.
Trotz der Unterschiede zwischen den Gruppen gab es schon damals einen Genfluss, allerdings nur in eine Richtung: von den Jäger und Sammlern zu den Bauern. Das bestätigt laut den Forschern, dass sich die Kultur der Viehzucht und des Ackerbaus vor allem durch Migration verbreitet haben muss. Demnach haben sich Bauern bei ihrer Ausbreitung in Europa die einheimischen Völker gewissermaßen genetisch einverleibt, zumindest zum Teil. Denn, wie die Studienautoren einräumen, in anderen Regionen sei der asymmetrische Genfluss nicht so ausgeprägt.
Eva Obermüller, science.ORF.at