Dies zeigt eine Arbeit am internationalen CLOUD-Experiment am Kernforschungszentrum CERN in Genf, die im Fachjournal "Science" veröffentlicht wurde. Weil Wolken das Klima kühlen, ist die Arbeit für die Klimaforschung wichtig.
Das Ausmaß des kühlenden Beitrags der Wolken auf das Klima ist noch unklar. Auch im jüngsten Bericht des UNO-Klimarats IPCC wird auf die Wolken als größte Quelle von Unsicherheit in aktuellen Klimamodellen hingewiesen. Einer der Gründe für diese Unsicherheit ist der komplexe und nur teilweise verstandene Prozess der Wolkenbildung.
Die Studie:
"Oxidation Products of Biogenic Emissions Contribute to Nucleation of Atmospheric Particles" von Francesco Riccobono und Kollegen ist am 15. 5. 2014 in "Science" erschienen.
Kondensationskeime im Visier
Diesen wollen die Wissenschaftler mit dem Experiment CLOUD (Cosmics Leaving Outdoor Droplets) erforschen. Dazu steht ihnen ein 26 Kubikmeter großer Edelstahltank zur Verfügung, in dem sie die Bildung von Aerosolpartikel und Wolken untersuchen können. Unter extrem präzise kontrollierbaren Bedingungen wie Temperatur, Feuchtigkeit, Konzentrationen verschiedener Stoffe, Licht und selbst kosmischer Strahlung können die in der Atmosphäre herrschenden Bedingungen nachgebildet werden.
Wasserdampf kondensiert nicht einfach zu Tröpfchen, aus denen sich Wolken bilden. Es braucht dafür winzige Teilchen (Aerosole), an denen sich die Wassermoleküle anlagern können, sogenannte Kondensationskeime. Neben natürlichen Aerosolen wie Seesalz oder Sandstaub gibt es auch Teilchen, die durch Menschen in die Atmosphäre gelangen (etwa Ruß) bzw. dort erst neu gebildet werden.
Bei der Neubildung von Aerosolen müssen sich Moleküle zusammenklumpen und einen Cluster bilden. Diese Umwandlung von Gasen in feste oder flüssige Partikel - von den Wissenschaftlern Nukleation genannt - ist der erste Schritt bei der Entstehung der meisten Wolken - und mit vielen offenen Fragen verbunden. So weiß man nicht genau, welche Moleküle dabei eine Rolle spielen und was dabei auf molekularer Ebene passiert.
Schwefelsäure, Amine, Kohlenwasserstoff
Klar war bisher, dass Schwefelsäure eine wichtige Rolle spielt. Die Nukleationsrate, also die Schnelligkeit, mit der neue Partikel in der Atmosphäre gebildet werden, hängt von ihrer Konzentration ab. Doch die Säure dürfte nur ein Teil des Puzzles sein und Schwefelsäuremoleküle einen zusätzlichen Klebstoff benötigen, damit die Cluster zusammenhalten und nicht wieder auseinanderfallen.
Bereits im Vorjahr fanden die Wissenschaftler beim CLOUD-Experiment heraus, dass Ammoniak-verwandte Stoffe (Amine), die vor allem durch menschliche Aktivitäten entstehen, mit Schwefelsäure sehr effizient Kondensationskeime bilden.
Der Österreicher Siegfried Schobesberger von der Universität Helsinki zeigte zudem im Rahmen des CLOUD-Experiments, dass ein Oxidationsprodukt sogenannter Monoterpene - dabei handelt es sich um Kohlenwasserstoffe, die von Pflanzen, vor allem von Nadelbäumen emittiert werden - gemeinsam mit Schwefelsäuremolekülen ebenfalls Molekülcluster bildet, die sich als Kondensationskeime eignen.
Bäume stoßen entscheidende Moleküle aus
Schobesberger hat auch an der aktuellen Arbeit mitgewirkt, ebenso wie u.a. Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Uni Innsbruck und Paul Wagner von der Gruppe Aerosolphysik und Umweltphysik der Universität Wien. Sie beobachteten, dass Cluster von Schwefelsäuremolekülen stabiler und somit größer werden und schließlich neue Partikel bilden, wenn andere hochoxidierte organische Moleküle eingebaut sind.
"Es handelt sich um einen ganzen Zoo unterschiedlicher hochoxidierter Moleküle", sagte Wagner gegenüber der APA. Sie werden in der Atmosphäre aus alpha-Pinen gebildet, einem der Moleküle, die Pinienwäldern ihren typischen Duft verleihen und von Bäumen vor allem in der warmen Jahreszeit emittiert werden.
Ihre Rolle bei der Wolkenbildung konnten die Wissenschaftler sowohl experimentell durch massenspektrometrischen Messungen als auch theoretisch durch quantenmechanische Berechnungen zeigen. Zudem haben sie nachgewiesen, dass auch geladene Moleküle (Ionen) von Schwefelsäure und den Oxiden, die in der Atmosphäre durch die kosmische Strahlung entstehen, unter bestimmten Bedingungen wesentlich zur Bildung neuer Partikel beitragen.
Wolkenkeime müssen wachsen
Die Forscher haben den neu entdeckten Mechanismus auch in ein globales Modell der Aerosolbildung eingebaut. Sobald die stabilisierende Wirkung der organischen Oxide berücksichtigt wird, kann das Modell die gemessenen Nukleationsraten genauer vorhersagen, auch deren saisonale Schwankungen.
Studienleiter Urs Baltensperger vom Paul Scherrer Institut in Villigen (Schweiz) betont, dass die so gebildeten Partikel noch bis zu einer Größe von 50 bis 100 Nanometer heranwachsen müssen, um tatsächlich Wolkenkeime bilden zu können.
Mit dieser Wachstumsphase haben sich die Wissenschaftler noch nicht befasst, als Ganzes ist die Wolkenbildung noch nicht verstanden. Angesichts der riesigen Fläche der borealen Nadelwälder in den nördlichen Zonen ist diese Art der Neubildung von Aerosolen jedenfalls ein maßgeblicher Faktor für die Wolkenbildung - und damit für das Klima.
science.ORF.at/APA
Mehr zu dem Thema: