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"Cassini"- Aufnahme des Saturnmonds Titan

Auf der Suche nach außerirdischem Leben

War die Entstehung von Leben auf der Erde eine Ausnahmeerscheinung oder ist es möglich, dass "Leben" ein gängiges, kosmisches Phänomen ist? Auf dem Saturnmond Titan will Planetenforscher Jonathan Lunine Antworten auf diese Frage finden.

Weltraumforschung 22.05.2014

Während in unseren irdischen Breitengraden der Sommer gerade beginnt, dauert es am 1,2 Milliarden Kilometer entfernten Saturnmond Titan noch drei Jahre, bis es Sommer wird. Denn obwohl dort - wie auch auf der Erde - Jahreszeiten existieren, braucht der Titan 30 Jahre um die Sonne einmal zu umrunden. So dauert jede Jahreszeit sieben Jahre. Den Beginn des Titansommers im Jahr 2017 noch mitzuverfolgen - das hofft Jonathan Lunine, Direktor des Zentrums für Strahlenphysik und Weltraumforschung der Cornell Universität in Ithaka in den USA.

Er beschäftigt sich bereits seit Beginn der 1980er Jahre mit dem Saturnmond Titan, jenem Himmelskörper, dem nachgesagt wird, wie kein anderer Rückschlüsse auf die Entstehung von Leben im Universum geben zu können. Das ist es auch, was Jonathan Lunine an diesem Mond fasziniert: "Dort existieren sehr viele Prozesse, die jenen auf der Erde stark ähneln - nur die Stoffe unterscheiden sich. Alles, was wir auf der Erde mit flüssigem Wasser assoziieren, passiert auch auf dem Titan. Allerdings mit Methan", erklärt Lunine.

Zur Person:

Porträtfoto des Astronomen Jonathan Lunine

Cornell University

Jonathan Lunine ist Direktor des Zentrums für Strahlenphysik und Weltraumforschung an der Cornell University in Ithaka in den USA. Außerdem ist er Mitglied der Amerikanischen Akademie der Wissenschaften. In seiner Forschung interessiert sich Lunine für die Entstehung und Entwicklung von Planeten und der möglichen Existenz von "Leben" in exotischen, kosmischen Lebensräumen. Er war an der "Cassini-Huygens"-Mission und zahlreichen anderen Projekten der US-Weltraumbehörde NASA sowie der europäischen Weltraumbehörde ESA beteiligt. Am 21. Mai 2014 war Lunine zu Gast bei den "Littrow Lectures" der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien.

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 22.5., 13:55 Uhr.

Ein idealer Forschungsgegenstand

So hat die internationale Mission der Raumsonden "Cassini-Huygens", die planmäßig noch bis zum Jahr 2017 laufen soll, Bilder und Daten vom Titan geliefert, die zeigen, dass sich auf dessen Oberfläche Flüsse, Seen, ja sogar ganze Meere befinden. Anstatt Wasser fließt in ihnen allerdings Methan. Auch die Wolken und der Regen, die sich in der Atmosphäre des Titans bilden, bestehen aus Methan. Was nach einer ungemütlichen Umgebung für Menschen klingt, eröffnet Wissenschaftlern wie Lunine einzigartige Möglichkeiten.

"Was wir nun machen wollen, ist die Chemie der organischen Moleküle in diesen Titanmeeren im Einzelnen zu verstehen", sagt Lunine gegenüber science.ORF.at. Denn diese Moleküle könnten das Rätsel lösen, ob die Entstehung von Leben eine Ausnahmeerscheinung auf dem Planeten Erde war, oder ob sie ein "gängiges kosmisches Phänomen ist, das in unterschiedlichsten Umgebungen stattfinden kann", so Lunine. Denn alles, was die Evolution des Kosmos betrifft, habe letztlich mit der Entstehung von komplexen, chemischen Strukturen zu tun, erklärt der Physiker.

Was ist überhaupt Leben?

Was aber bedeutet eigentlich "Leben", wenn wir in kosmischen Zusammenhänge davon sprechen? Ein Defizit aller Definitionen von "Leben" sei der Umstand, dass sie sich alle auf ein- und dasselbe Beispiel von Leben beziehen - dem auf der Erde, sagt Lunine. "Vom primitivsten Bakterium bis zu uns Menschen - chemisch sind wir alle das Gleiche. Jedes chemische System, das sich entwickelt, Struktur hat und in der Lage ist, sich den destruktiven Tendenzen seiner Umwelt entgegenzustellen, bedeutet Leben", so Lunine. Und dem hofft er, mit der Erforschung des Titans ein Stück näher zu kommen.

Denn mithilfe der Daten, die die Raumsonden "Cassini" und "Huygens" in den letzten zehn Jahren sammeln konnten, hat sich herausgestellt, dass in den Methanmeeren am Titan Moleküle vorhanden sind. "Wir glauben, dass diese Moleküle in der Lage sind, die notwendige Energie für chemische Reaktionen zu erzeugen, um sich dann in Strukturen anzuordnen", so Lunine.

Und das würde bedeuten, dass in unterschiedlichsten Umgebungen Leben entstehen kann. Um diese These zu verifizieren, wäre es aber notwendig, eine Sonde in den Meeren des Titans landen zu lassen - das ist bisher nicht geschehen. Die Raumsonde "Huygens" ist zwar auf der Titanoberfläche gelandet, allerdings auf dessen Äquator - und dort ist es trocken.

Neues Mission nach 2017?

So hofft Lunine, dass es nach Auslaufen der "Cassini"-Mission im Jahr 2017 weitere Bestrebungen der Weltraumbehörden NASA und ESA gibt, die Meere des Titans zu erforschen. Aufgrund der geringen finanziellen Mittel, schaut es aber momentan noch nicht danach aus. "Die Ausgaben für die Weltraumforschung sind im Grunde gar nicht so hoch - verglichen mit anderen technischen Forschungsprojekten die betrieben werden", argumentiert Lunine.

"In den USA wird gerade mal ein Penny pro Dollar, der aus Steuern eingenommen wird, in die Weltraumforschung investiert. Und die Planetenforschung selbst erhält gerade mal ein Zehntel dieses Betrags. Das ist nicht viel", so Lunine. "Natürlich müssen wir am meisten Geld dafür ausgeben, dass die Menschen ein gutes Leben haben. Aber wir müssen auch Geld in die Zukunft investieren. Und unser Wissen über das Universum auszubauen, ist der beste Weg das zu tun."

Menschen am Titan?

Ob diese Forschung dazu führen kann, dass Menschen einmal den Titan besuchen? "Eines Tages wahrscheinlich schon", schmunzelt Lunine. Denn rein theoretisch könnten sich Menschen ohne große Schwierigkeiten am Titan aufhalten. Alles was man dafür brauchen würde, wäre Sauerstoff und ein Thermoanzug. Denn man kann am Titan nicht atmen und die Kälte von rund Minus 170 Grad auf der Oberfläche würde den Menschen wohl auch zu schaffen machen, konstatiert Lunine.

"Aber man bräuchte nicht einmal einen Raumanzug, denn der Druck auf der Oberfläche ist nur ein bisschen höher als der Luftdruck auf der Erde. Solange man Sauerstoff hat und sich gegen die Kälte schützt, würde man sich auf dem Titan sehr wohl fühlen", prognostiziert Lunine. Bis eines Tages Menschen von den Küsten der Titanmeere winken, wird es aber wohl noch viele Jahre dauern, scherzt der Planetenforscher.

Theresa Aigner, science.ORF.at

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