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Autos im Stau von hinten

Studie: Tempo 30 bringt Umwelt nicht viel

Laut einer aktuellen Studie der TU Wien bringt Tempo 30 im Vergleich zu 50 km/h nichts in Bezug auf Emissionen. Einzelne Vorteile kommen nur dann zustande, wenn der Verkehr fließen kann und die geringere Geschwindigkeit nicht durch bauliche Maßnahmen "erzwungen" werde.

Verkehr 03.06.2014

Das Umweltbundesamt in Wien hält das Ergebnis der Studie nur für ein Randthema in der Diskussion rund um 30er Zonen. Bei Tempo 30 ginge es vor allem um mehr Sicherheit im Straßenverkehr und weniger Lärmbelästigung.

30 km/h contra 50 km/h

Ö1 Sendungshinweis:

Über die Studie berichteten auch die Ö1 Nachrichten am 3. Juni 2014.

Nachdem immer wieder ein generelles Tempolimit von 30 km/h im Ortgebiet gefordert wird, hat das Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik (IFA) der TU Wien im Auftrag des Österreichischen Vereins für Kraftfahrttechnik (ÖVK) und der Industriellenvereinigung das Tempo 30 genauer unter die Lupe genommen.

"Eigentlich wollten wir uns ansehen, wie sich die Emissionen bei einer Reduktion von 50 auf 30 km/h ändern, wieviel man einspart", so Institutsvorstand Bernhard Geringer. Das Ergebnis sei überraschend gewesen, sogar bei günstigsten Annahmen seien manche Emissionen bei Tempo 30 höher als bei Tempo 50.

Schwellen erhöhen Emissionen

Bei der Studie wurden verschiedene Geschwindigkeitsprofile und Fahrzeugkategorien sowie technische Entwicklungen berücksichtigt. Im Fokus standen die Emissionen CO2 (Kohlendioxid), Partikel, NOx (Stickoxide) und NO2 (Stickstoffdioxid).

Tempo 30, so das Ergebnis der Berechnungen, hat keinen positiven Effekt auf die Luftqualität oder auf den Kraftstoffverbrauch. "Bauliche Verkehrsberuhigungen, also etwa Schwllen, erhöhen den Emissionsausstoß gegenüber Tempo 50 sogar deutlich durch den Stop and Go-Verkehr", berichtete Geringer.

Erhöhung der Treibhausgase

Nur unter den günstigsten Bedingungen hätte beim Treibhausgas CO2 der Schwerverkehr (bei einer Reduktion auf Tempo 30, Anm.) einen Vorteil von bis zu 18 Prozent, der Personen-Individualverkehr aber einen Mehrverbrauch von mindestens zehn Prozent, betonte Burkhard Ernst, Sprecher des Forum Mobilität Freiheit Umwelt (MFU), einem Zusammenschluss von Interessenvertretungen aus dem Automobilsektor.

Damit würde sich über den gesamten Verkehr eine Erhöhung der Treibhausgase um sechs Prozent für 2014 und für 2025 sogar um acht Prozent ergeben.

“Nichts Neues“

Für Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt ergibt die Studie nichts Neues. “Beim Emissionsverhalten - sprich Emissionen von klassischen Luftschadstoffen und Treibhausgasen - ist die Frage von Tempo 30 oder Tempo 50 gar nicht die entscheidende. Da ist die entscheidende Frage: Wie flüssig ist der Verkehr? Wenn ich Tempo 30 habe und es schaffe den Verkehr flüssiger zu halten, d.h. Schaltvorgänge zu reduzieren, Bremsvorgänge zu reduzieren, Anfahrvorgänge zu reduzieren, dann kann Tempo 30 nicht besonders große, aber durchaus positive Effekte haben. Wenn ich Stopp und Go dadurch induziere, kann es auch emissionserhöhend wirken.“
Würde Tempo 30 großflächig in Städten eingeführt werden, sich die Autofahrer und Autofahrerinnen daran gewöhnen, dann würden etwa Schwellen nicht mehr notwendig sein und es gebe weniger Emissionen.

Sicherheit und weniger Lärm wesentlich

“Es ist so“, sagt Schneider, „dass diese Studie sehr, sehr wenig beiträgt zur Diskussion um Tempo 30. Die beiden wichtigsten Gründe für Tempo 30 sind die Verkehrssicherheit und der Lärm. Bei beiden Aspekten wissen wir, dass Tempo 30 deutliche Verbesserungen bringt.

Es ist zum Beispiel so, dass wir aus einer sehr großen Studie aus England wissen, dass schwere Unfälle mit Todesopfern bei Kindern um die Hälfte zurückgegangen sind durch die Umstellung von Tempo 50 auf Tempo 30. Wir wissen, dass die Unfallhäufigkeit z.B. bei Kindern in Städten 25 Mal so hoch ist wie auf dem Land – d.h. das ist eine für die Verkehrssicherheit eine ganz wichtige Maßnahme.

Wir wissen dass die Lärmbelästigung um drei bis vier Dezibel sinkt, das ist fast eine Halbierung der wahrgenommenen Lärmbelästigung bei Tempo 30. Das heißt, die Frage der Emissionen war bei der Tempo-30-Diskussion nie die entscheidende Frage.“

Gudrun Stindl, Ö1 Wissenschaft

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