Standort: science.ORF.at / Meldung: "Fußball-WM verschärft Konflikte"

Im Vordergrund der WM-Pokal, im Hintergrund ein Mann, der sehnsüchtig darauf schaut.

Fußball-WM verschärft Konflikte

Rund um eine Weltmeisterschaft wird von der FIFA gerne das völkerverbindende Element dieser Großveranstaltung hervorgehoben - so geschehen etwa bei der Eröffnungsfeier in Sao Paulo, als drei weiße Tauben gen Himmel stiegen. Doch mit Fußball als Friedensstifter ist es nicht weit her, behauptet zumindest ein US-Forscher.

Politikwissenschaft 18.06.2014

In einer groß angelegten Studie der Jahre 1958 bis 1998 kam der Politikwissenschaftler Andrew Bertoli von der Universität Berkeley zu einem bemerkenswerten Ergebnis: Die Außenpolitik von gewissen Nationen - vor allem von jenen ohne echte demokratische Strukturen - wurde aggressiver, sobald sie sich knapp für eine WM qualifizierten. Im Gegensatz dazu verhielten sich in der Quali gescheiterte Länder deutlich zurückhaltender.

Die Studie:

The World Cup and Interstate Conflict. Evidence from a National Experiment" von Andrew Bertoli, erschienen am 15. Juni 2014.

Bertoli zog daraus eine Schlussfolgerung, die nicht zur Friedensbotschaft der FIFA passt. "Fußball stärkt den Nationalismus, dadurch erhöht sich die Rivalität zwischen Nationen, es kommt zu einer Spaltung." Untermauert wird die These vom Fußball als Brandbeschleuniger unter anderem durch den "Fußball-Krieg" zwischen Honduras und El Salvador, der über 2.000 Menschen das Leben kostete.

Identifikation mit der Nation

Außerdem standen in den Monaten vor dem Ausbruch des Jugoslawien-Krieges Gewalttätigkeiten bei Duellen zwischen serbischen und kroatischen Clubs an der Tagesordnung. Zwischen Algerien und Ägypten kam es 2009 zu schweren Spannungen, nachdem ägyptische Fans vor einem Quali-Spiel den Bus des Gegners angegriffen hatten.

Dass Fußball Kriegsersatz ist, wollte Bertoli trotzdem nicht bestätigen. "Doch Fußball kann Konflikte auslösen, verschärfen und zum Krieg verleiten", sagte der US-Wissenschaftler in der "Zeit".

Bertoli hob aber auch die positiven Aspekte hervor. "Fußball kann im besten Sinne die Identifikation mit seiner Nation schaffen. Dann steigt die Wahlbeteiligung und der Respekt unter Mitbürgern, oder die Leute melden sich zum sozialen Dienst oder Ehrenamt." 2006 habe der Fußball sogar geholfen, den Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste zu beenden. "Weil sich das Volk hinter der Mannschaft versammelte", erzählte Bertoli.

science.ORF.at/APA

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