Beim Aktionstag am 1. August können Gegenstände ins ORF RadioKulturhaus gebracht werden. Zusätzlich kann man die Ausstellung "An Meine Völker! Der Erste Weltkrieg 1914-1918" virtuell erkunden.
Etwa 130.000 digitale Objekte aus 20 Ländern sind auf der Webseite Europeana 1914-1918 bereits zugänglich. Am 1. August gibt es auch in Österreich die Möglichkeit, die Erinnerungsstücke bei einem Aktionstag persönlich zu bringen. Sie werden eingescannt und mit den zugehörigen Geschichten ergänzt, die Originale wieder mit nach Hause genommen. Sie können auch mit Alltagsgeschichte in der Kriegszeit zu tun haben. Europeana 1914-1918 ist ein Mitmach- und ein Mitnutzungsprojekt. Jeder kann online recherchieren, unter einer Creative Commons-Lizenz sind alle Dokumente frei benutzbar, sofern die Quelle angegeben wird.
Grenzen überschreiten
"Ich glaube, durch das Projekt 'Europeana 1914-1918' schaffen wir die einmalige Möglichkeit, private Erinnerungsstücke so zu sammeln, dass sie einfach zugreifbar sind. Und zwar grenzüberschreitend - nicht nur für eine Region oder zu einem Thema. Auf privaten Computern können zum Beispiel Tagebücher aus Frankreich, Deutschland und Griechenland recherchiert werden", erklärt Frank Drauschke, Projektleiter in Österreich, im Gespräch mit science.ORF.at.
Im Jahr 2011 habe das Projekt angefangen - zu einem Zeitpunkt, als noch niemand so richtig an den 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegsbeginns gedacht hatte. Doch das Interesse war da. "Viele Leute haben gesagt, sie heben die Dinge schon seit 100 Jahren im Kasten auf und sind froh, dass sich jemand dafür interessiert."
Links:
Europeana 1914-1918
Ausgewählte Geschichten aus dem Archiv
Virtuelle Ausstellung "An Meine Völker!" in Zusammenarbeit mit der ÖNB
Veranstaltungshinweis:
Um private Erinnerungsstücke und ihre Geschichten persönlich zu übermitteln, können sie zum Aktionstag am 1. August 2014 zwischen 10 und 18 Uhr ins ORF RadioKulturhaus Wien gebracht werden.
Ö1 Sendungshinweis:
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in "Wissen aktuell" am 22. Juli 2014 um 13.55 Uhr.
Die Mehrzahl der Objekte seien Fotos, Briefe und Feldpost. Wissenschaftlich besonders interessant seien Tagebücher, sie könnten aus unterschiedlichen Ländern verglichen werden. Wertvoll sei, wenn zu einem Ereignis Beiträge aus mehreren Quellen zusammenkommen, betont Dauschke: "Zum österreichisch-ungarischen Schiff 'SMS Kaiserin Elisabeth' haben wir Gegenstände von verschiedenen Personen bekommen. Das Schiff war im fernen Osten unterwegs und seine Besatzung hat 1914-1919 in Kriegsgefangenschaft in Japan verbracht. Wir haben Tagebücher von einem rumänischen Matrosen bekommen, Fotos von einem Amerikaner, dessen Großvater Kroate und auch Matrose auf dem Schiff war und bei einem Aktionstag in Slowenien hat die Familie eines slowenischen Matrosen etwas beigesteuert. Dann konnten wir alles wie ein Puzzle zusammensetzen."

Europeana
Digitale Museumsausstellung
Neben privaten Fotos, Dokumenten und Gegenständen haben auch Nationalbibliotheken und Filmarchive ihre Sammlungen zum 1. Weltkrieg digitalisiert. Rund 80 Exponate ihrer analogen Ausstellung "An Meine Völker!" hat Europeana in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) online zugänglich gemacht.
Die virtuelle Ausstellung beginnt mit einem Spiel. Das "Kriegs-Rätsel" wurde zur Zeit des Ersten Weltkriegs vom Kriegshilfebüro des k. u. k. Ministeriums verbreitet. Dafür war die Frage zu lösen: Wer begann den Ersten Weltkrieg? Die banale Antwort: die Nachbarn. Für Hans Petschar, Direktor des Bildarchivs der ÖNB, macht diese Antwort eine fundamentale Kritik notwendig. Zahlreiche Museen zeigten anlässlich des 100-jährigen Gedenkens an den Ersten Weltkrieg Ausstellungen zum Thema, jedoch werde der Krieg in allen Ländern immer noch als nationaler Krieg gesehen - es werde hauptsächlich ein nationales Geschichtsbild gezeigt. "Im Grunde spielen wir das Spiel mit den Nachbarn, die den Krieg begonnen haben, alle noch heute. Es ist eine politische Aussage, die ausdrückt, warum es zu einem Krieg kommen konnte: Alle haben ihn als Verteidigungskrieg gesehen", erklärt Petschar.
Deshalb sei es wichtig, eine Gedenkstätte zu haben, in der all diese nationalen Geschichtsbilder zusammengefasst werden. Mit Europeana gebe es diesen Ort nun virtuell und er könne ein weltweites Publikum erreichen. "Die Leute können dadurch selbst entscheiden, was sie glauben wollen. Das ist ein Wert der Sammlungen, der über den Wert von Einzelobjekten hinausgeht", sagt Petschar.
Schon zu Kriegszeiten gesammelt
Der Vorgänger der Österreichischen Nationalbibliothek, die k. u. k. Hofbibliothek, hat schon während der Kriegszeit eine Kriegssammlung angelegt, auf der die virtuelle Ausstellung "An Meine Völker!" basiert. "Man hat geglaubt, der Krieg wird kurz sein, man wird gewinnen, daher muss man alle Erinnerungen sammeln", erklärt Petschar. Bei allen Dokumenten sei wichtig, ihre Intentionen zu erklären. Die Dokumente müssten von Wissenschaftlern begleitet und aufgearbeitet werden, um sie zu verstehen.
"Es muss ins öffentliche Bewusstsein kommen, wie unglaublich loyal die Zivilbevölkerung und die Menschen in allen Lagern waren und den Wahnsinn Krieg aufrechterhalten haben - einen Krieg, der 17 Millionen Tote gefordert hat", betont Petschar. Es sollten nicht nur die offiziellen Fotos des Kriegs-Pressequartiers veröffentlicht werden, solche, die Kaiser Karl angeordnet hat und zum Beispiel Feiern im Feld zeigten. Auch Soldaten hätten fotografiert. "Bilder von Toten wurden beispielsweise nicht unbedingt veröffentlicht - außer, sie wurden zur Abschreckung auf Postkarten abgedruckt, wie wir es auch aus dem Zweiten Weltkrieg kennen."
Lucia Reinsperger, science.ORF.at
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