Das gilt für eine angenommene Betriebsdauer von 40 Jahren. Laufen die Kraftwerke 50 Jahre, wären es sogar rund 440 Milliarden Tonnen des Treibhausgases.
Die Studie:
"Commitment accounting of CO2 emissions" von Steven Davis und Robert Socolow ist am 26.8. in den "Environmental Research Letters" erschienen (sobald online).
Wie ein Diätpatient mit 70 Kilo Eis
Aktuelle Zahlen zum CO2-Ausstoß pro Jahr liefert das Global Carbon Project. Weltweit hat die Verbrennung fossiler Brennstoffe im Jahr 2012 rund 36 Milliarden Tonnen in die Atmosphäre gepumpt - ein Rekordwert mit weiterer Tendenz nach oben.
Robert Socolow von der Princeton University und Steven Davis von der University of California in Irvine wollten sich in ihrer neuen Studie nicht mit Jahreswerten zufriedengeben. Sie haben den Umfang künftiger Emissionen analysiert.
"Wenn wir die nicht in Rechnung stellen, geht es uns wie dem Diätpatienten, der verspricht, sich besser zu ernähren, aber gleichzeitig einen Eiskasten und siebzig Kilogramm fettes Eis kauft", vergleicht es der Klimaforscher David Hawkins von der US-Umweltschutzorganisation NRDC.
"Massive Investitionen" in falsche Energie
Die von den Forschern errechneten Zahlen: Bei einer angenommenen Betriebsdauer von 40 Jahren werden die bis inklusive 2012 gebauten Kraftwerke 307 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausstoßen. Allein die 2012 errichteten werden für rund 19 Milliarden Tonnen verantwortlich sein. Seit Beginn des Jahrtausends ist die Rate der künftigen Emissionen jährlich um vier Prozent gestiegen.
Bei der Stromerzeugung gehen laut Forschern zwei Drittel des ausgestoßenen CO2 auf das Konto des Energieträgers Kohle, der Rest verteilt sich auf Erdgas und Erdöl. Bei der regionalen Verteilung zeigt sich ein Muster analog zur wirtschaftlichen Entwicklung.
Die Europäische Union und die USA haben in den vergangenen Jahren weniger Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen gebaut und sind mit ihren derzeit laufenden Kraftwerken für neun bzw. elf Prozent der Emissionen verantwortlich. Dagegen entfallen 42 bzw. acht Prozent des Ausstoßes auf China und Indien, so die Wissenschaftler. In den beiden Ländern wachse der Anteil am globalen CO2-Ausstoß. Auch in Indien, Indonesien, Saudi-Arabien und dem Iran sei das der Fall.
Grundlagen für politische Entscheidungen
Die Forscher wandten ihr Modell bisher nur auf den Energiesektor an, auf den 2011 weltweit etwa 40 Prozent der genutzten fossilen Brennstoffe entfielen. Grundsätzlich sei die Methode aber auch auf Bereiche wie den Verkehr oder den Bau von Gebäuden und Infrastruktur übertragbar.
"Wenn man weniger CO2 in der Atmosphäre haben will, muss man mehr Kraftwerke schließen als bauen", sagt Davis. Das Gegenteil sei aber der Fall. "Im vergangenen Jahrzehnt wurden weltweit mehr Kraftwerke gebaut als in jedem anderen Zeitraum davor. Statt das Problem des Klimawandels zu lösen, investieren wir massiv in Technologien, die das Problem verschlimmern."
Die errechneten künftigen Emissionen sind den Kraftwerken zwar sozusagen "eingebaut", aber "nicht unvermeidlich", wie Davis betont. Man könnte sie auch schließen oder neue Methoden zur Speicherung von CO2 anwenden. Das hätte aber natürlich seinen Preis.
Mit ihrer Studie wollen die Forscher Kollegen ein Handwerkszeug liefern, um die Auswirkungen auf Umwelt und Klima in der Zukunft zu untersuchen - und den Politikern Informationen, "damit sie wissen, welche Langzeitfolgen ihre heutigen Entscheidungen haben".
Lukas Wieselberg, science.ORF.at
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