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Ein Bild der Gravitationslinse und der Galaxienkollision

Natürliche Lupe enthüllt Galaxienkollision

Mit Hilfe einer natürlichen Lupe und zahlreichen Teleskopen hat ein internationales Astronomenteam die Kollision zweier Galaxien entdeckt. Sie fand zu einem Zeitpunkt statt, als das Universum nur halb so alt war wie heute.

Astronomie 26.08.2014

Bei dem Zusammenstoß entstehen jährlich Hunderte neue Sterne, berichten Forscher in einer Studie, an der auch Helmut Dannerbauer von der Uni Wien beteiligt war.

Gravitationslinse

Die Studie:

"Herschel-ATLAS and ALMA HATLAS J142935.3-002836, a lensed major merger at redshift 1.027" ist am 26. August 2014 im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" erschienen.

Bei der natürlichen Lupe, die den Wissenschaftlern die Untersuchung der Galaxie mit dem komplizierten Namen "H-ATLAS J142935.3-002836" erlaubte, handelt es sich um eine sogenannte Gravitationslinse. Licht breitet sich nicht immer geradlinig aus, sondern kann ähnlich wie in einer Linse abgelenkt werden, wenn es eine große Masse wie etwa einen Stern oder Galaxien passiert.

Wenn die Linsengalaxie, ein von der Erde aus betrachtet dahinter liegendes Objekts und die Erde selbst sehr präzise angeordnet sind, tritt ein Verstärkungseffekt ein, der es den Astronomen ermöglicht, Objekte zu untersuchen, die sonst nicht sichtbar wären. Doch solche natürlichen Lupen sind "sehr selten und außerdem oft schwer als solche zu identifizieren", erklärte Studienautor Hugo Messias von der Universidad de Concepcion in Chile und vom Centro de Astronomia e Astrofisica da Universidade de Lisboa in Portugal in einer Aussendung der Europäischen Astronomieorganisation ESO.

"An der Grenze des Möglichen"

Ein Bild der Gravitationslinse und der Galaxie dahinter.

ESO/NASA/ESA/W. M. Keck Observatory

Ein Bild der Gravitationslinse und der Galaxienkollision im Hintergrund

Entdeckt wurde die Gravitationslinse mit dem Weltraumteleskop Herschel. Auf Aufnahmen im sichtbaren Licht ist sie nur sehr schwach, zählt aber dennoch zu den hellsten, bisher entdeckten Gravitationslinsenobjekten im fernen Infrarot. Die nähere Untersuchung des Objekts sei an der Grenze dessen, was überhaupt möglich ist, betonen die Wissenschaftler. Sie beobachteten deshalb mit einigen der leistungsfähigsten Teleskope der Welt - sowohl vom Erdboden aus, als auch aus dem Weltall.

Geräte wie das Hubble Space Telescope, das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), das Keck-Observatorium und das Karl Jansky Very Large Array (JVLA) lieferten dabei unterschiedliche Ansichten in verschiedenen Wellenlängenbereichen, die einen Einblick in die Natur des ungewöhnlichen Objekts hinter der Linsengalaxie ermöglichten.

Kollision hinter der Linse

Vor allem mit ALMA und dem JVLA konnten die Astronomen die großen Staubwolken jener Galaxie durchblicken, die den Gravitationslinseneffekt verursachte. Dabei zeigte sich, dass hinter der Linse gerade zwei Galaxien kollidieren. Durch Vermessung des Kohlenstoffmonoxidanteils in den Galaxien mit Hilfe von ALMA wurden die Mechanismen der Sternentstehung detailliert untersucht. Es stellte sich heraus, dass in den kollidierenden Galaxien Hunderte neue Sterne pro Jahr gebildet werden. Eine der beiden kollidierenden Galaxien zeigt zudem Anzeichen für eine Eigendrehung, was darauf hindeutet, dass sie vor dem Zusammenstoß eine Scheibengalaxie wie die Milchstraße gewesen ist.

Die Galaxienkollision ähnelt einem bekannten Himmelsobjekt, das sich viel näher an der Erde befindet: den Antennengalaxien. Dabei handelt es sich um den spektakulär aussehenden Zusammenstoß zweier Galaxien, bei denen man davon ausgeht, dass sie zuvor eine Scheibenstruktur hatten. Die Antennengalaxien erzeugen allerdings nur Sterne mit einer Rate von wenigen zehn Sonnenmassen pro Jahr, während das neu entdeckte System Gas mit mehr als 400 Sonnenmassen pro Jahr in Sterne umsetzt.

science.ORF.at/APA

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