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Gasleitungen einer technischen Anlage

Hohe Ozonbelastung durch Fracking

Die Belastung mit bodennahem Ozon ist üblicherweise ein Sommerproblem. In Utah wurde 2013 allerdings auch an 49 Wintertagen der US-Grenzwert überschritten. Ein internationales Forscherteam hat nun das Rätsel der hohen Ozonbelastung im Winter geklärt: Eine wichtige Rolle spielt die umstrittene Öl- und Gasfördermethode Fracking.

Umwelt 01.10.2014

Hohe Werte auch im Winter

Die Studie in "Nature":

"High winter ozone pollution from carbonyl photolysis in an oil and gas basin" von Peter M. Edwards et al., erschienen am 2. Oktober 2014.

Bodennahes Ozon ist ein bereits gut untersuchter Luftschadstoff, der üblicherweise bei starker Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen aus Stickoxiden und einer Vielzahl flüchtiger organischer Verbindungen (VOC, volatile organic compounds) in der Luft gebildet wird. Im Uintah Becken, wo großflächig Öl und Gas unter anderem auch mit Hilfe von Fracking gefördert wird, ist es in den vergangenen Jahren aber auch im Winter zu extrem hoher Ozonbelastung gekommen - "eine überraschende Erscheinung", so einer der Hauptautoren der Studie, Peter Edwards von der University of York (Großbritannien), in einer Aussendung der Uni Innsbruck.

So wurde an einer Messstation in dem rund 50.000 Einwohner zählenden Gebiet in den Wintermonaten an 49 Tagen der Ozongrenzwert (75 ppb für den Acht-Stunden-Mittelwert) überschritten, während das etwa an einer Messstation nahe Los Angeles mit 18 Millionen Einwohnern im Sommer nur an 28 Tagen der Fall war, erklärte Martin Graus vom Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Innsbruck gegenüber der APA.

Der Wissenschaftler hat an einem Projekt unter der Leitung der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA ESRL), einer US-Regierungsabteilung, mitgearbeitet. Ziel der Arbeit war es, in den Wintermonaten 2012 bis 2014 die wichtigsten Ozonvorläuferstoffe und chemischen Zwischenprodukte in dieser entlegenen Gegend zu identifizieren und zu quantifizieren.

Anders als im Sommer

Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Emissionen von VOC in den Öl- und Gasfeldern prozessbedingt und aufgrund von Lecks sehr hoch sind. Dazu kommen Stickoxidemissionen von Lkws, Dieselaggregaten, Kompressoren, Förderpumpen, etc. Gepaart mit speziellen meteorologischen Bedingungen kann das auch im Winter zu hohen Ozonbelastungen führen. So reichern sich die Ozonvorläuferstoffe an, wenn sich in dem Becken eine Inversionswetterlage ausbildet. "In diesem hochkonzentrierten Mix steht reichlich Material für die ozonbildenden photochemischen Reaktionen zur Verfügung", so Graus. Zudem fördert eine reflektierende Schneedecke die Lichtintensität für die Photochemie.

Winterlicher Sonnenuntergang über einem Feld im Uintah Basin

Scott Sandberg, NOAA

Winterlicher Sonnenuntergang über einem Feld im Uintah Basin

Aus den gewonnenen Daten haben die Wissenschaftler ein atmosphärenchemisches Modell entwickelt, das mehr als 10.000 Reaktionen berücksichtigt. Damit konnten die gemessenen Ozonkonzentrationen reproduziert werden. "Dadurch sind stichhaltige Schlüsse auf die involvierten Mechanismen möglich", sagte Graus. Es zeigte sich, dass die Ozonentstehung im Winter gänzlich von den Vorgängen im Sommer abweicht.

Während im Sommer bei feuchtwarmer Witterung und starker Sonneneinstrahlung Hydroxylradikale (bestehend aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom) die entscheidende Rolle bei den chemischen Prozessen der Ozonbildung spielen, sind es im Winter Carbonyle (bestehend aus einem Kohlenstoff- und einem Sauerstoffatom), die selbst bei Kälte, Trockenheit und flacher Sonneneinstrahlung die photochemischen Reaktionen so stark aufschaukeln, dass sich starke Ozonbelastungen ausbilden können.

science.ORF.at/APA

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