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Neuron - im Vordergrund Alfred Nobel

Medizinnobelpreis für das "GPS des Gehirns"

Der Medizinnobelpreis geht in diesem Jahr zur Hälfte an den US-Amerikaner John O'Keefe - die andere Hälfte teilt sich das norwegische Forscherehepaar May-Britt Moser und Edvard I. Moser. Sie werden für ihre Untersuchungen von Gehirnzellen ausgezeichnet, die der räumlichen Orientierung dienen.

Auszeichnung 06.10.2014

Ole Kiehn vom Karolinska-Institut bezeichnete diese Zellen bei der Pressekonferenz des Nobelpreiskomitees als "unser inneres GPS". Die Auszeichnung ist mit acht Mio. schwedischen Kronen (870.000 Euro) dotiert.

Morgen folgt die Bekanntgabe des Physiknobelpreises, am Mittwoch jene für den Chemienobelpreis. Am Freitag wird der Friedensnobelpreis vergeben, kommenden Montag der Wirtschaftsnobelpreis.

Die Landkarte im Kopf

Bereits 1971 hatte O'Keefe den ersten Teil dieses Orientierungssystems von Mensch und Tier entdeckt. Er identifizierte "Ortszellen" ("Place Cells") im Hippocampus, die bei Ratten immer dann aktiviert waren, wenn sich die Tiere in einem bestimmten Teil eines Raumes in einer Versuchsanordnung befanden. O'Keefe schloss daraus, dass diese Zellen eine Art Landkarte bilden würden.

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Ö1-Sendungshinweise

Die Ö1-Journale und Ö1-"Wissen aktuell" berichten in der "Nobelpreiswoche" von 6. bis 10. Oktober über alle Auszeichnungen.

Die Medizin-Nobelpreisträger 2014

APA/EPA/CHRISTIAN CHARISIUS/TORSTEIN BOE

Die Laureaten: John O'Keefe, Edvard I. Moser, May-Britt Moser

2005 entdeckten May-Britt und Edvard Moser einen anderen Zelltypus im Gehirn. Es handelt sich dabei um "Rasterzellen" ("Grid-Cells"), die eine Art Koordinatensystem darstellen und das Finden eines Weges ermöglichen. Danach ermittelten die beiden Forscher, wie Ortszellen und Rasterzellen bei der Orientierung zusammenarbeiten.

"Die Entdeckungen von John O'Keefe, May-Britt Moser und Edvard Moser haben ein Problem gelöst, das Philosophen und Wissenschaftler seit Jahrhunderten beschäftigt hat: Wie produziert das Gehirn eine Landkarte des Raumes, der uns umgibt, und wie navigieren wir in einer komplexen Umwelt?", schreibt das Nobelpreiskomitee.

"Tobias, what is this?"

Die Laureaten dürften jedenfalls nicht mit der Auszeichnung gerechnet haben. "Ich bin immer noch schockiert. Das ist so großartig", sagte May-Britt Moser laut Nobelkomitee. Ihr Mann befand sich während der Verkündung der diesjährigen Preisträger im Flugzeug auf dem Weg nach München. Auf dem Flughafen wartete auf ihn der deutsche Neurobiologe Tobias Bonhoeffer.

"Ich habe mit ihm telefoniert, als er an der Gepäckausgabe stand. Er wusste noch gar nichts. Die Lufthansa hat ihn mit einem Blumenstrauß abgeholt, und er fragte mich: 'Tobias, what is this? I don't understand'", erzählte Bonhoeffer der Nachrichtenagentur dpa. "Dann hat er auf sein Handy geschaut und gesehen, dass der Vorsitzende des Nobelpreiskomitees ihn angerufen hat. Da dämmerte es ihm. Aber er wusste es natürlich trotzdem noch nicht sicher."

Den dritten Preisträger O'Keefe erreichte das Nobelkomitee indes sofort. Dessen Sekretär, Göran K. Hansson, sagte, er sei "sehr, sehr glücklich. Ich glaube nicht, dass er das erwartet hatte."

Vergangenes Jahr war die Auszeichnung für Medizin an drei Zellforscher gegangen: James E. Rothman (USA), Randy W. Schekman (USA) und den gebürtigen Deutschen Thomas C. Südhof. Geehrt wurden damit Arbeiten, die den Transport von Proteinen innerhalb von Zellen und deren Freisetzung nach außen aufklärten.

science.ORF.at/APA/dpa

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