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Ein Verkehrszeichen auf dem "Chill mal" steht

"Gehen wir Stadtpark?" wird untersucht

Wie die Jugend spricht, hat die Welt der Erwachsenen immer schon erregt. Heute sorgen Sätze wie "Gehen wir Stadtpark?" oder "Kann ich ein Cola?" für Unbehagen. Wie sich die Jugendsprache in Österreich gerade entwickelt, untersuchen Grazer Germanisten - die Ergebnisse sollen auch im Deutschunterricht zur Umsetzung kommen.

Jugendsprache 20.10.2014

"Voll krass", "echt fett" oder "urkeksi" würden in Medien und Wissenschaft als aktuelle Beispiele für jugendlichen Ausdruck genannt, meint der Projektleiter Arne Ziegler von der Uni Graz. Dabei werde - vor allem - dem schnelllebigen Vokabular Beachtung geschenkt. Doch schnell sind manche Wörter schon wieder Schnee von gestern und müssen neuen Ausdrücken Platz machen.

"Ob es auch auf anderen sprachlichen Ebenen, etwa im Satzbau, bestimmte sprachliche Muster gibt, die von Jugendlichen in Österreich verwendet werden, wurde bisher kaum erforscht", schilderte der Germanist Arne Ziegler im Gespräch mit der APA.

Umfangreiche Materialrecherche

Ziegler und sein Team am Institut für Germanistik haben in den vergangenen 14 Monaten die Freizeitkommunikation von Jugendlichen in den Landeshauptstädten als auch neun ländlichen Regionen aufgenommen. Anhand dieser Gesprächsproben wollen sie Einflüsse des Dialekts aber auch der Migration auf die Grammatik der Sprache von Teenagern untersuchen.

"Die Aufnahmen dauerten jeweils rund eineinhalb Stunden. Nun beginnt die Verschriftlichung und sprachwissenschaftliche Analyse. Das ist sehr zeitaufwendig: Durchschnittlich sind wir mit einer Minute Aufnahme rund 90 Minuten in der Bearbeitung und Analyse beschäftigt", erläuterte der Wissenschaftler.

Zu den Gesprächsproben der Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren kommen weitere Aufnahmen von Gesprächssituationen unter Erwachsenen, um Charakteristika der Sprache von jungen Leuten überhaupt von der "Erwachsenensprache" abgrenzen zu können.

Keine gemeinsame Jugendsprache in ganz Österreich

Erste Ergebnisse gibt es bereits: So habe sich gezeigt, dass Erkenntnisse aus dem Schweizer oder deutschen Raum zur Jugendsprache nicht vorbehaltlos auf Österreich übertragbar seien. Phrasen wie "Gehen wir Stadtpark" würden beispielsweise in Deutschland in ethnisch gemischten Jugendgruppen verwendet.

In einigen österreichischen Regionen hingegen seien solche Richtungsangaben ohne Vorwort auch von Erwachsenen verwendeter Bestandteil des Dialekts. Grundsätzlich habe sich gezeigt, dass dialektal beeinflusste Varianten in den ländlichen Gegenden Österreichs eine große Rolle spielen.

In Städten hingegen - vor allem in Wien - lasse sich in ersten Stichproben zufolge ein deutlicher Einfluss von Migrationssprachen feststellen, der teilweise den Dialekt ersetze. "Eine Jugendsprache, die für ganz Österreich gelten würde, gibt es nicht", so Ziegler.

Realer Sprachgebrauch im Visier

Die Ergebnisse der Forschungen sollen auch in die didaktischen Unterlagen für den "Deutsch als Zweitsprache"-Unterricht einfließen. "Bis dato gibt es kein authentisches mündliches Material, was gerade in Österreich und Süddeutschland für Fremdsprachige ein Problem ist. Die Leute verstehen die regionalen Varianten nicht, weil sie einen anderen Standard erlernt haben", so der Germanist.

Andererseits könnte sich der deutschsprachige Grammatikunterricht künftig auch an der real existierenden sprachlichen Varianz, das heiß am realen Sprachgebrauch und nicht mehr wie bisher nur an der wie auch immer verstandenen "sprachlichen Norm" orientieren.

science.ORF.at/APA

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