Ein Kongress an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) untersucht ab Dienstag in Wien Geld- und Warenflüsse in der Antike.
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"Infrastructure and Distribution in Ancient Economies. The Flow of Money, Goods and Services", 28. bis 31. Oktober, Österreichische Akademie der Wissenschaften.
"Man darf sich antike Wirtschaftssysteme nicht grundsätzlich primitiv vorstellen", sagt Organisator Bernhard Woytek vom Institut für Kulturgeschichte der Antike an der ÖAW. Nach der Erfindung der Münze im 7. Jahrhundert vor Christus in Kleinasien sei bereits 200 Jahre später in vielen Teilen der Mittelmeerwelt eine "voll ausgebildete Geldwirtschaft" nachzuweisen.
Zunächst prägte man Münzen aus Elektron (einer Mischung aus Gold und Silber), später wechselten die antiken Münzstätten auf Einzelmetalle wie Gold, Silber und Bronze. Der Kongress, gleichzeitig Gründungsveranstaltung der neu geschaffenen Abteilung "Documenta Antiqua", die Numismatik (Münzkunde), Papyrologie und Epigraphik (Inschriftenkunde) unter einem Dach vereint, untersucht u.a., nach welchen Regeln Münzen im Römischen Reich geprägt und verteilt wurden.
Konnex zu Bürgerkriegen
Denn neben der sogenannten Reichswährung, etwa dem goldenen Aureus oder dem silbernen Denarius, die im gesamten Römischen Reich von Britannien bis Nordafrika gültig war, bestanden vor allem im Osten des Imperiums auch einzelne Landeswährungen.
"Wir können in der römischen Geldproduktion gewisse Rhythmen beobachten: In Zeiten von Bürgerkrieg nahm die Dezentralisierung der Münzstätten zu. Die meisten Konfliktparteien versuchten, ihr eigenes Geld zu prägen. In Friedenszeiten wurde die Geldproduktion wieder lokal konzentriert."
Immer wieder wurden die Währungen des Römischen Reiches auch erneuert, etwa wenn Münzen abgenutzt waren oder der Feingehalt von zentraler Stelle verringert wurde - also etwa Silbermünzen mehr Kupfer hinzugefügt wurde. Aber auch bargeldloser Zahlungsverkehr sei deutlich wichtiger gewesen, als oft gedacht:
"Es gab nicht nur Schuldscheine, Konten und Kredite, sondern auch Unternehmensanteile, sogenannte Partes", erklärt Woytek. "Es ist erstaunlich, wie modern die damaligen Finanzinstrumente anmuten."
"Hoch entwickelten Bürokratien"
Warenverkehr und -produktion erreichten oftmals riesige, industrielle Dimensionen - etwa der Fischfang des Römischen Imperiums, an den sich auch die Herstellung von haltbarer Fischsauce als eine Art Konserve anschloss. Der Handel und seine Routen werden daher ebenfalls im Fokus des Kongresses stehen.
Über diese geben u.a. Papyrusfunde Aufschluss, denn die Route nach Indien führte über das Niltal und die ägyptische Ostwüste. "Es handelte sich um einen der wichtigsten Verbindungswege zwischen dem Römischen Reich und Indien", schildert der Wirtschaftshistoriker.
Die Papyri, mit denen sich auch die Eröffnungsrede von Roger S. Bagnall von der New York University auseinandersetzen wird, enthalten u.a. Warenlisten, Kaufverträge, Abrechnungsbücher oder Geschäftsbriefe und geben so Aufschluss über antike Ökonomien und die teils "hoch entwickelten Bürokratien" dieser Zeit.
Denn explizit will sich der viertägige internationale Kongress nicht nur mit dem Römischen Reich befassen: Auf dem Programm stehen auch Beiträge zur griechischen Wirtschaft in hellenistischer und antiker Zeit sowie dem antiken Iran.
science.ORF.at/APA
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