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Porträtfoto des ESA-Chefstrategen Harald Posch

Ein Österreicher ist Chefstratege bei der ESA

Wenn nächste Woche erstmals versucht wird, mit einer Sonde auf einem Kometen zu landen, sind zahlreiche Österreicher beteiligt. Einer davon ist Harald Posch, seit Juli Chefstratege der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA). Wie er die Bedeutung der "Rosetta"-Mission und die Zukunft der Raumfahrt einschätzt, verrät er im Interview.

"Rosetta"-Mission 07.11.2014

Mission Impossible?

Die "Rosetta"-Mission steuert auf ihren Höhepunkt zu. Am Mittwoch soll erstmals in der Menschheitsgeschichte ein Labor auf einem Kometen landen, um mehr über die Entstehung des Sonnensystems zu lernen. Ganz gleich, ob die Landung auf dem fast unaussprechlichen Kometen "67P/Tschurjumow-Gerassimenko" klappt oder nicht, für die Europäische Raumfahrt ist "Rosetta" schon jetzt ein Erfolg, sagt der ESA-Chefstratege Harald Posch. Denn so nahe an einen Kometen ran ist noch nie eine von Menschenhand gefertigte Raumsonde geflogen.

"Was wir jetzt noch sehen wollen, ist das Sahnehäubchen, das ist die Landung dieses Minilabors 'Philae' auf dem Kometen - und was ich höre, die Chancen sind gut, dass es landet - allerdings ist das nahezu eine Mission Impossible." Die Landung sei extrem komplex und schwierig.

Links:

ORF-Schwerpunkt:

Über die "Rosetta"-Mission und den ersten Versuch, auf einem Kometen zu landen, berichten die Zeit im Bild, die Ö1 Journale, Ö1 Wissen aktuell und ORF.at.

TV-Tipp: "Newton Spezial" zur "Rosetta"-Mission: , 8.11.2014 ab 18:40 Uhr ORF eins.

Alles hat mit "Giotto" begonnen

Erdacht wurde die "Rosetta"-Mission bereits vor über zwanzig Jahren, von den damals in der ESA Verantwortlichen. Nach dem Erfolg der "Giotto"-Sonde, die in den 80iger Jahren in einer Entfernung von nur 596 Kilometern am Halley'schen Kometen vorbeigeflogen ist, wollte man mehr.

"'Giotto' ist am Anfang gestanden, er war der Pate, wenn man so will. Und nachdem das eine sehr erfolgreiche Mission war, hat man weiter gedacht", so Posch. "Das waren Entscheidungen, die in den 90iger Jahren gefällt worden sind. Wir sind heute in der glücklichen Lage, die Erfolge der Entscheidungen dieser klugen Köpfe von damals einzufahren."

Heute ist Harald Posch einer jener "klugen Köpfe", die über Strategien, Programme und Budgets für die kommenden Jahre entscheiden.

Bemannte Raumfahrt - ja oder nein?

Harald Posch lenkt heute als Vorsitzender des ESA-Rates das Geschehen. Es gilt mit Fingerspitzengefühl richtungsweisende Entscheidungen zu treffen, etwa bei der Frage der bemannten Raumfahrt. Was soll nach der Beteiligung an der ISS, der Internationalen Raumstation, kommen? Spätestens 2024 wird sie ihren Betrieb einstellen müssen.

Posch: "Die Frage ist, in welcher Richtung und in welchem Ausmaß soll bemannte Raumfahrt im erdnahen Orbit stattfinden? Welche Ambitionen haben wir für weitere bemannte Explorationsthemen?"

Klar ist, so Posch, dass eine Außenstation der Menschheit auf dem Mond oder am Mars nur bei internationaler Zusammenarbeit sinnvoll sei. "Ich glaube, dass so etwas wie eine Raumstation kommen wird. Aber wie immer bei riesen Projekten mit hoher politischer Relevanz wird man ein bisschen Geduld haben müssen."

Die Space-Community schaut auf die ESA

Internationales Ansehen genießt die ESA, trotz ihres relativ kleinen Budgets. Nicht zuletzt durch die "Rosetta"-Mission. "Da schaut jetzt wirklich die ganze Welt zu, also von den Vereinigten Staaten und Russland angefangen, über China bis hin zu den anderen Weltraumnationen, wie Japan. Die Mission wird mit sehr viel Interesse beobachtet, was die Europäer hier zustande bringen. Die ESA hat durch die 'Rosetta'-Mission eine hohe Visibilität."

Der ESA stehen übrigens jährlich rund vier Milliarden Euro für Projekte zur Verfügung, der Großteil kommt von den zwanzig Mitgliedsstaaten, der Rest von der EU. Die NASA verfügt über das zehnfache Budget.

Gudrun Stindl, Ö 1 Wissenschaft