Standort: science.ORF.at / Meldung: ""Ist mein Kind internetsüchtig?""

Kind starrt gebannt auf einen Bildschirm

"Ist mein Kind internetsüchtig?"

Acht von zehn Haushalten in Österreich haben mittlerweile Zugang zum Internet. Das Kommunizieren übers Internet gehört für viele Kinder und Jugendliche zum Alltag. Für viele Eltern beschäftigen sie sich aber zu intensiv mit Smartphone, Computerspielen und Internet. Ab wann sollten sie sich Sorgen machen?

Mediennutzung 05.12.2014

"Mein Kind schaut ununterbrochen auf sein Smartphone, es schreibt die ganze Zeit Nachrichten auf WhatsApp und mein Kind möchte jede freie Minute im Internet Computerspielen." Diese Sorgen von Eltern kennt Barbara Buchegger, die pädagogische Leiterin von saferinernet.at, einer Beratungsstelle für den sicheren Umgang mit digitalen Medien.

Hilfe und Anlaufstellen:

Adressen und Anregungen für Eltern und Lehrer, um Kinder und Jugendliche beim Umgang mit Internet, Smartphone und Computerspielen unterstützen zu können gibt es bei der Beratungsstelle Saferinternet.at oder beim Institut für Suchtprävention pro mente in Linz.

Hilfe bei Online und Computerspielsucht gibt es zum Beispiel bei Familienberatungsstellen in ganz Österreich, beim Zentrum "Innsbrucker Soziale Dienste" und beim Anton Proksch-Institut in Wien.

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag im Mittagjournal am 5.12. um 12:00.

Viele Eltern haben sehr schnell das Gefühl, dass ihr Kind internetsüchtig sei, so Barbara Buchegger, zum Beispiel Anfang des Schuljahres, wenn Kinder in eine neue Klasse kommen: "Da spielt sich die neue Gruppendynamik nicht nur im Klassenraum, sondern auch in den Gruppen auf WhatsApp ab. Wenn Eltern das Gefühl haben, dass ihre Kinder nur noch im Handy leben und eigentlich gar nicht mehr anwesend sind, dann müssen sie bedenken, dass ihre Kinder in einem neuen Klassenverband leben und sich darin erst zu Recht finden müssen. In der Regel ist das ständige Chatten auf WhatsApp ein paar Monate später vorbei", beruhigt Buchegger, "irgendwann werden auch den Kindern 500 WhatsApp-Nachrichten am Tag zu viel".

Eltern sollten sich selbst auch an der Nase nehmen. Eltern und ältere Geschwister seien wichtige Vorbilder beim Umgang mit Medien, sagt Buchegger und rät zu "medienfreien Mahlzeiten" für die ganze Familie: "Dazu gehört die Zeitung der Eltern, der Anruf des Chefs und eben Gameboy oder Smartphone der Kinder und Jugendlichen." Eltern, die sich unsicher sind, ob ihr Kind vielleicht internet- oder computerspielsüchtig ist, rät Barbara Buchegger zu einem Blick von außen, also zum Beispiel die Hilfe einer Therapeutin in Anspruch zu nehmen: "Eltern können so abklären, ob es sich um normale Eltern-Kind-Konflikte handelt und das Kind zum Beispiel einfach die Grenzen austesten möchte. Oder ob es sich tatsächlich um ein problematisches Mediennutzungsverhalten handelt."

Suchtmerkmale

Die meisten Jugendlichen, die Beratungsstellen aufsuchen und eine Therapie machen, kommen nicht wegen zu viel Internetsurfen, sondern weil sie süchtig nach Online-Rollenspielen am Computer seien, sagt Peter Eberle vom Institut Suchtprävention pro mente in Linz. Peter Eberle hält Fortbildungen für Lehrer und Eltern zum Medienkompetenzerwerb von Kindern und Jugendlichen. Etwa ein bis drei Prozent der Internetnutzer in Österreich seien onlinesüchtig, so Eberle. Repräsentative Studien zur Internetsucht gibt es in Österreich nicht, daher werden internationale deutschsprachige Studien herangezogen, die auf Österreich umgelegt werden können.

Welches Medienverhalten von Jugendlichen ist also alarmierend? Worauf Eltern bei ihren Kindern beim Computerspielen Acht geben sollten, fasst Peter Eberle vom zusammen.

Eltern sollten sich folgende Fragen stellen:

  • Spielen die Kinder das Computerspiel, weil es ihnen Spaß macht oder um Probleme zu vergessen? Brauchen die Kinder das Computerspiel, damit sie sich gut fühlen und gute Laune haben?
  • Ist der Konsum zwanghaft? Ist es im gemeinsamen Familienurlaub ein Thema, ob es am Urlaubsort Internet gibt und ob das Kind das Spiel mitnehmen darf, weil es das Spiel/das Internet jeden Tag braucht?
  • Wie schaut das gesamte Leben, abseits des Medienkonsums, des Kindes aus? Gibt es noch Platz für Freunde und für Hobbies, halten sich die Kinder auch noch im Wohnzimmer auf? Oder haben die Eltern das Gefühl, dass sich alles auf den Computer/auf das Spiel konzentriert?

Julia Gindl, Ö1 Wissenschaft

Mehr zum Thema: