Viele Erkenntnisse konnten im Lauf des Jahres gesammelt werden. Eine kurze Vorausschau auf 2015 unter den Schlagworten "Jubiläen, Licht und Finsternis" lässt Spannendes erwarten.
Wenige Ereignisse, viele Erkenntnisse
Von Anneliese Haika und Thomas Posch

Privat
Die Autoren
Anneliese Haika ist Gymnasiallehrerin und Mitglied der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie (WAA). Thomas Posch ist Astronom an der Universität Wien.
Links:
- NASA-Meldung zu Exoplaneten
- Das Keck Observatory zum Schwarzen Loch in der Milchstraße
- ESA-Meldung zu Mira A
- ALMA-Meldung zur "Planetengeburt"
- ESA über E-ELT
- "Rosetta"-Blog der ESA
- ESA über Sonde "Venus Express"
- 650 Jahre Uni Wien
- UNESCO-Jahr des Lichts 2015
- Partielle Sonnenfinsternis am 20. März 2015, Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie
science.ORF.at-Meldungen:

NASA
18 Jahre hatte es gedauert, bis die Anzahl der Exoplaneten 2013 die Zahl 1.000 überstieg. Doch Anfang 2014 schnellte diese Zahl auf über 1.700 hinauf. Möglich wurde das durch das Kepler-Weltraumteleskop der NASA. Dieses misst minimale Helligkeitsschwankungen von Sternen. Viele dieser Schwankungen werden durch vor dem jeweiligen Stern vorbeiziehende Planeten (sogenannte Transits) hervorgerufen.
Mit Hilfe einer neuen statistischen Methode konnten Astronomen aus Keplers riesigen Datenmengen mit einem Schlag über 700 neue Planeten bestätigen, statt die Kandidaten einzeln mit anderen Instrumenten zu untersuchen. Ende 2014 halten wir nun sogar bei über 1.800 gesicherten Exoplaneten. Viele der neu entdeckten Planeten liegen, was ihre Größe betrifft, zwischen Erde und Neptun. Solche "Super-Erden" oder "Mini-Neptune" scheinen häufig zu sein, fehlen aber in unserem Sonnensystem.
Gaswolke "überlebte" Schwarzes Loch

Keck Observatory
Im Zentrum unserer Milchstraße, in 26.000 Lichtjahren Entfernung, befindet sich ein Schwarzes Loch mit 4,1 Millionen Sonnenmassen. Während das Monster selbst nicht beobachtbar ist, können die Umlaufbahnen von Sternen und Gaswolken in seiner unmittelbaren Nähe gut bestimmt werden. Im Laufe des Jahres 2014 wurde eine Gaswolke mit der Bezeichnung G2 vor und nach ihrer größten Annäherung an das Schwarze Loch beobachtet.
Zur Überraschung vieler Astronomen wurde die Gaswolke dabei nicht von der Anziehungskraft des Schwarzen Lochs zerrissen, sondern überlebte die Reise unbeschadet. Möglicherweise hängt G2 mit einer weiteren Gaswolke zusammen, die sich 13 Jahre "voraus" auf derselben Umlaufbahn befindet. Beide Wolken könnten von einem massereichen Stern ausgestoßen worden sein. Beobachtungen solcher Phänomene sind in diesem Detail nur im Zentrum unserer Milchstraße möglich.
Signale vom Urknall?
Großes Aufsehen erregte im März die Meldung, mit einem antarktischen Observatorium sei eine bestimmte Art von Mikrowellen-Signalen aus der Anfangsphase des Universums entdeckt worden. Man hoffte, Gravitationswellen aus der sogenannten inflationären Expansionsphase des Universums gefunden zu haben und sprach schon von einer nobelpreiswürdigen Entdeckung.
In der zweiten Jahreshälfte ergab jedoch eine Analyse von Daten des ESA-Satelliten Planck, dass wohl eher interstellarer Staub unserer eigenen Milchstraße, dessen störender Einfluss unterschätzt worden war, die Ursache der detektierten Mikrowellen-Strahlung war - also ein "Vordergrund-Signal".
ALMA führte zu neuen Erkenntnissen

EPA
Seit 2013 ist das Radioteleskop "ALMA" in den chilenischen Anden in vollem Betrieb. Die Anlage mit 66 Antennen mit zwölf bzw. sieben Metern Durchmesser beobachtet den Kosmos in einem Licht, das für das menschliche Auge unsichtbar ist. ALMA wird für die wissenschaftliche Beobachtung verschiedenster Objekte genutzt.
Die Erforschung von Roten Riesensternen bietet einen Blick auf die Zukunft unserer Sonne. Einer der bekanntesten Roten Riesen ist Mira A, der hellere Bestandteil eines Doppelsternsystems. Durch die Wechselwirkung des Sternwinds von Mira A mit dem seines Begleiters, eines Weißen Zwergs, entsteht ein komplexer Gasnebel mit einer im Zentrum herzförmigen Struktur, die mit ALMA abgebildet werden konnte. Astronomen der Uni Wien waren an dieser Beobachtung beteiligt.
Ein weiteres bahnbrechendes Ergebnis, das 2014 erzielt wurde, ist der Nachweis ringartiger Strukturen in der protoplanetaren Scheibe des Sterns HL Tauri. Überraschend dabei: Das Objekt ist "nur" eine Million Jahre alt und scheint dennoch bereits ein ausgebildetes Planetensystem zu haben - nun sind Theoretiker gefordert, dies zu erklären.
Baubeginn für E-ELT
Um die Jahresmitte, am 19. Juni 2014, fand der Spatenstich für das E-ELT der Europäischen Südsternwarte statt. Auf dem chilenischen Cerro Armazones (3064m) wurde eine große Sprengung durchgeführt, um rund vier Hektar des Gipfelbereichs einzuebnen. Bis 2024 soll dort das mit 39 Metern Durchmesser weltgrößte Teleskop entstehen.
Seine Lichtsammelleistung wird - wenn alles gut geht - etwa dreißig Millionen Mal größer sein als die des menschlichen Auges. Dies schlägt sich allerdings auch in den projektierten Kosten nieder, welche bei mehr als einer Milliarde Euro liegen. Eines der ehrgeizigen Ziele dieses Projekts ist der Nachweis von erdähnlichen Planeten in der bewohnbaren Zone anderer Sterne.
Spannung wegen "Rosetta"

ESA/Rosetta/NAVCAM, CC BY-SA 3.0 IGO
Keine andere Weltraummission brachte heuer so viel Spannung wie "Rosetta". Anfang August schwenkte die ESA-Sonde nach 10 Jahren Flugzeit in eine Umlaufbahn um ihr Ziel, den Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, ein. Zuvor hatte die Kamera an Bord bereits die erste Überraschung geliefert: Der Komet besteht aus zwei Teilen, die durch einen dünneren "Hals" verbunden sind.
Am 12. November war es dann soweit. Die lange erwartete Landung der kleineren Sonde "Philae" auf dem Kometen fand statt. Die anfängliche Freude über die Landung wich allerdings bald einem Gefühl der Nervosität. Der Lander hatte sich nicht am Landeplatz verankert. Erst nach Stunden wurde klar: Philae war dreimal gelandet und saß nun ohne Verankerung an einer unbekannten Stelle des Kometen, wo die Sonneneinstrahlung zu gering war, um die Batterien wieder aufzuladen.
Erfolgreiche Experimente
Trotzdem gelang es den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die geplanten Experimente in Betrieb zu nehmen und eine große Menge an wissenschaftlichen Daten zu gewinnen. Ein erstes unerwartetes Ergebnis war die enorme Härte des Untergrunds an der Landestelle. Im Laufe der nächsten Monate wird der Komet näher an die Sonne herankommen. Dann könnte "Philaes" Batterie noch einmal zum Leben erwachen und möglicherweise Daten liefern, mit denen man nicht gerechnet hatte.
Während die Landesonde eine Ruhepause einlegt, ist "Rosettas" wissenschaftliches Programm in vollem Betrieb. Mitte Dezember konnte das Team des am IWF in Graz gebauten Instruments MIDAS die Abtastung des ersten Staubkorns melden. MIDAS sammelt Kometenstaub ein und tastet die Körner auf Größe und Struktur ab. Dieses erste Staubkorn ist wesentlich größer als erwartet und zeigt eine unregelmäßige Struktur. Noch ein wichtiges Ergebnis der "Rosetta"-Mission ist, dass das Wasser auf der Erde wohl nicht von Kometen stammt. Dies wurde aus Messungen der Deuterium-Häufigkeit abgeleitet.
Sonde verglüht auf Venus

ESA–C. Carreau
Mitte Dezember endete die sehr erfolgreiche ESA-Mission "Venus Express". Die Sonde befindet sich seit 2006 in einer Umlaufbahn um die Venus und hatte die Erforschung der Atmosphäre unseres Schwesterplaneten zum Ziel. Nachdem nun der Treibstoff der Steuerungsdüsen verbraucht ist, wird Venus Express immer tiefer in die dichte Atmosphäre des Planeten sinken und dort schließlich verglühen.
Einige der wichtigsten Forschungsergebnisse der letzten acht Jahre sind Hinweise auf vulkanische Aktivität in jüngerer geologischer Vergangenheit sowie ein Ansteigen der Windgeschwindigkeiten in der Atmosphäre von 300 auf 400 km/h in den letzten sechs Jahren. Besonders bemerkenswert ist der Verlust von großen Mengen an Wasserstoff und Sauerstoff aus der Venusatmosphäre. Vermutlich besaßen Venus und Erde am Anfang ihrer Existenz ähnliche Mengen an Wasser. Im Laufe von viereinhalb Milliarden Jahre verlor Venus einen großen Teil davon durch den Einfluss des Sonnenwindes. An dieser Entdeckung waren auch Forscherinnen und Forscher aus Graz beteiligt.
Vorschau auf 2015: Jubiläen, Licht und Finsternis
Im kommenden Jahr feiert die Universität Wien ihr 650jähriges Bestehen. Von der UNESCO wurde 2015 zum "Internationalen Jahr des Lichts" ausgerufen. Anlass dafür sind Meilensteine der Physikgeschichte wie z.B. 100 Jahre Allgemeine Relativitätstheorie und 150 Jahre Maxwellsche Elektrodynamik.
Es sollen aber auch aktuelle lichttechnische Entwicklungen wie die LED-Beleuchtungsrevolution mit ihren Vor- und Nachteilen - bis hin zu einer eventuellen weiteren Zunahme des Lichtsmogs - zu Bewusstsein gebracht werden.
Die Natur selbst bietet uns am 20. 3. 2015 ein seltenes Licht-Schatten-Ereignis: Zu mehr als 60% wird nämlich die Sonne über Österreich vom Mond verdeckt werden, sodass sie gegen 10.45h nur als Sichel am Himmel steht. Im ganz hohen Norden Europas (u.a. auf den Färöer-Inseln) ist diese Finsternis sogar total.