Die meisten gängigen Antibiotika wurden in den 1950er und 1960er Jahren entdeckt. Der letzte Neuzugang, der es in die klinische Praxis schaffte, stammt aus dem Jahr 1987. Dabei wären neue Wirkstoffe heute besonders dringend nötig. Denn viele Keime - zum Beispiel solche, die Tuberkulose auslösen - reagieren nicht mehr auf etablierte Antibiotika. So werden vermeintlich längst heilbare Krankheiten zur neuen Bedrohung.
Die Studie in "Nature":
"A new antibiotic kills pathogens without detectable resistance" von Losee L. Ling et al., erschienen am 8. Jänner 2015.
Boden nicht ausgeschöpft
Für ihre aktuelle Arbeit untersuchten die Forscher um Kim Lewis von der Northeastern University ein bekanntes, jedoch bei Weitem noch nicht ausgeschöpftes Medium - den Boden bzw. die darin enthaltenen Bakterien. Das Problem: Die meisten darin vorkommenden Stämme können nicht im Labor gezüchtet werden.
Also wählten die Wissenschaftler eine neue Methode. Sie legten eine Art unterirdisches "Hotel" für Bakterien an. Jedes Bakterium erhielt einen speziell ausgestatteten "Raum", der dann unter der Erde vergraben wurde. So blieben sie in ihrer natürlichen Umgebung. Die von den vergrabenen Mikroben produzierten Chemikalien wurden anschließend auf ihre antibiotische Wirkung untersucht.
Resistenzen unwahrscheinlich
Mit dieser Methode haben die Forscher schon 25 wirksame Stoffe entdeckt, der jüngste und vielversprechendste heißt Teixobactin. Für das Gewebe von Säugetieren ist er unschädlich, für manche Bakterien allerdings toxisch, unter anderem für das Mycobacterium tuberculosis, den häufigsten Erreger der Tuberkulose. Teixobactin tötet die Bakterien, indem er ihre Zellwände aufbricht.
Ob der Wirkstoff ebenfalls zu Resistenzen führen wird, lässt sich laut den Forschern aus heutiger Sicht schwer beantworten. Es sehe allerdings gut aus, denn Teixobactin nützt unterschiedliche Fettmoleküle als Angriffspunkte. Das spreche dafür, dass es zumindest sehr lange dauern dürfte, bis sich genetische Resistenzen entwickeln können.
Vorerst sind noch klinische Studien nötig. Die Forscher erwarten sich aber noch viel von dem neuen Ansatz. Möglicherweise sei das nur die Spitze des Eisbergs, der den Weg zur Entwicklung zahlreicher neuer wirksamer Stoffe ebnet - und damit die Antibiotikakrise endlich in den Griff bekommen könnte, wie Gerard Wright von der kanadischen McMaster University in einem Begleitkommentar zur Studie schreibt.
Eva Obermüller, science.ORF.at