In den USA hat das beispielsweise dazu geführt, dass trotz weit verbreiteten Anbaus genetisch veränderter Baumwollpflanzen, die durch Toxine den Kapselbohrer fernhalten sollten, die Menge an versprühtem Insektenvernichtungsmittel gestiegen ist, berichten Yves Carriere von der Universität Arizona und seine Kollegen.
Hitzige Debatte
Die Studie:
"Optimizing pyramided transgenic Bt crops for sustainable pest management" ist am 19. Jänner 2015 in "Nature Biotechnology" erschienen.
Links:
Die Debatte über die "grüne Gentechnik" wird heftig und meist höchst emotional geführt. Seitens der Befürworter wird den Gegnern gerne vorgeworfen, wissenschaftsfeindlich zu agieren. Genetisch modifiziertes Saatgut könnte dabei helfen, die Menge an Insektiziden zu reduzieren, und wäre deshalb gut für Mensch und Umwelt.
Gerade vonseiten der Wissenschaft kommt nun aber eine Relativierung dieser Aussagen - und zwar von Biotechnologen, die laut ihren eigenen Aussagen Saatgutunternehmen dabei helfen wollen, "effektivere und beständigere Sorten zu entwickeln".
Giftstoffe gegen Schädlinge

Alex Yelich, The University of Arizona
In ihrer Untersuchung haben sich Yves Carriere und Kollegen auf Pflanzen konzentriert, die Proteine des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) produzieren und sich dadurch Schädlinge vom Leib halten. Solches Saatgut wurde weltweit seit 1996 auf riesigen Flächen ausgebracht.
Allerdings entwickelten die Schädlinge schnell Resistenzen, weshalb Biotech-Firmen auf die "Pyramidenstrategie" setzten: Sie erzeugten Saatgut, das gleich zwei oder mehrere Bt-Toxine ausschied. Derartiges Saatgut wurde seit 2003 unter anderem in den USA, Indien und Australien großflächig ausgebracht.
Wirkung überschätzt
Wie erfolgreich diese Strategie war, untersuchten die Forscher anhand von 38 Studien, die die Wirkung von zehn Bt-Toxinen auf 15 verschiedene Schädlingsarten analysierten. Sie fanden heraus, dass "die Wirkung gegen die Schädlinge nicht den Annahmen entsprachen, die bei der Modellierung der Resistenz getroffen worden waren", oder übersetzt: dass die Geschwindigkeit, mit der die Schädlinge gegen mehrere miteinander kombinierte Toxine resistent wurden, unterschätzt wurde.
"Wenn jedes Toxin für sich hochwirksam ist und zwei solche Toxine kombiniert werden, sollten weniger als drei von tausend Schädlingen überleben", erklärt Yves Carriere in einer Aussendung der Universität Arizona. Diese Vorgabe wurde aber laut Studienauswertung nur in der Hälfte der Fälle erfüllt. Und außerdem zeigte sich: War ein Schädling gegen einen Giftstoff resistent, entwickelte er in vielen Fällen eine Kreuzresistenz gegen den zweiten.
Zentraler mittlerer Baustein
Wie könnten Strategien aussehen, die diese geringe Wirksamkeit von genetisch verändertem Saatgut verhindern? Um das herauszufinden, zerlegte der ebenfalls an der Studie beteiligte, auf Bt-Toxine spezialisierte Biochemiker Neil Crickmore von der Universität Sussex die Giftstoffe in drei Teile. Er fand heraus, dass der mittlere "Baustein" aus Aminosäuren das zentrale Element ist. Sieht dieser Baustein bei zwei Bt-Varianten ähnlich aus, ist auch die Wahrscheinlichkeit groß, dass Schädlinge eine Kreuzresistenz entwickeln.
Diese Information könnte dabei helfen, realistischere Aussagen zur Wirksamkeit genetisch veränderter Pflanzen zu machen, meinen die Forscher. Die Gentechnik-Kritiker würden wahrscheinlich hinzufügen, dass Fruchtfolge und Vielfalt innerhalb großer Felder auch eine über Jahrzehnte erprobte Strategie sind, um Schädlinge in Zaum zu halten.
Elke Ziegler, science.ORF.at