Entkleidetes Remake
Veranstaltungshinweise:
Wiener Vorlesung zum Thema "Musik - Raum - Aura - Mechanik", Mittwoch, 11. März, 19.00 Uhr, Festsaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Dr. Ignaz Seipel-Platz 2, 1010 Wien
Jubiläumskonzert der Universität Wien am 13. März, 20.00 Uhr, weitere Konzerte am 14. und 15. März
Allerdings handle es sich um keine genaue Rekonstruktion, sondern vielmehr um ein Remake, erklärte Birgit Lodes vom Institut für Musikwissenschaften der Uni Wien im Gespräch mit der APA. Gemeinsam mit der Universität für angewandte Kunst habe man einen Nachbau versucht, der auch heute noch fasziniere. Damals habe vor allem die lebensgroße, menschenähnliche Holzfigur in Uniform begeistert: "Es war die doppelte Faszination der Technik und der pseudomenschlichen Gestalt", meinte Lodes.
Bei der Rekonstruktion habe man allerdings auf jedwede Verkleidung verzichtet, denn heute fasziniere eher die Offenlegung der eigentlich simplen Mechanik hinter der Musik. Der Ton entsteht nicht durch die Lippenspannung, wie dies bei einem menschlichen Trompeter der Fall ist, sondern durch ein vibrierendes Zungenplättchen aus Metall im Kopfteil des Automaten. Durch die Trompete erfolgt dann nur noch die Modulation der Klangfarbe. Mälzel (1772-1838), der auch mit seinem "Schachtürken" und der Erfindung des Metronoms bekannt wurde, konstruierte den Mund des Trompeters so, dass dieser per Hebel die Länge seiner Zunge verändern und so nicht nur einen, sondern fünf Töne erzeugen konnte.
Im Brustbereich, der früher je nach Auftritt mit der passenden Uniform geschmückt war, befand sich ein Blasebalgsystem, das den Luftstrom erzeugt. Um schließlich das Musikstück zu programmieren, nutzte der Erfinder - ähnlich wie bei Spieluhren - eine federgetriebene Stiftwalze. Auf jeder Walze war ein anderer Marsch programmiert.
Original verschollen
Beim Remake konnte man sich allerdings nur auf Beschreibungen und Kopien bzw. Nachfolgemodelle verlassen - denn das Original des Trompeter-Automatens ist verschollen, auch Baupläne gibt es nicht, wie Lodes schilderte. Da das Mälzelsche Walzensystem zu komplex für einen Nachbau war, verließen sich die Konstrukteure der Angewandten auf eine elektronische Steuerung. Damit wird auch das Repertoire des wiederauferstandenen Trompeters breiter.
Bei seinem Auftritt bei mehreren Konzerten in der kommenden Woche wird der Roboter Jan Ladislav Dusiks "The Brunswick March" im Original für Klavier sowie Ignaz Pleyels "Jubelmarsch" im Original für Bläser zum Besten geben. Die Trompeterstimmen wurden jeweils nacharrangiert, eine Technik, die auch im frühen 19. Jahrhundert zur Anwendung kam. Denn trotz umfassender Recherche seien keine Original-Automaten-Märsche zu finden gewesen, erklärte Lodes. "Wir gehen davon aus, dass bekannte Märsche verwendet wurden und die Stimmen dann dazu arrangiert wurden." Begleitet wird der Musikroboter jedenfalls von echten Instrumenten.
Zwei Auftritte des Trompeters sind in die Wiederholung eines der berühmtesten Konzerte von Ludwig van Beethoven am 15. und 15. März eingebettet: Im Festsaal der ÖAW, damals die Aula der Universität, dirigierte er am 8. Dezember 1813 die Uraufführung seiner 7. Symphonie sowie sein sinfonisches Schlachtengemälde "Wellingtons Sieg". "Wir wollten das gesamte Konzert wiederbeleben - also auch den Automaten", erklärte Lodes.
Den Saal bekam Beethoven damals vor allem auf Mälzels Intervention hin zur Verfügung gestellt - im Gegenzug durfte der Trompeterautomat ebenfalls auftreten. Um den "spektakulären, militärischen und wohl auch national-patriotischen Gestus" zu unterstreichen, war dieser in k.u.k. Uniform gekleidet und spielte sogar die dazu passende Fanfare. Der frühe Roboter sorgte dann tatsächlich für Furore und Mälzel ging mit seiner Erfindung auf Welttournee.
science.ORF.at/APA