Die häufigste Gehirnerkrankung in Österreich ist die Demenz, gefolgt vom Schlaganfall mit 25.000 Fällen jedes Jahr - diese Zahl wird sich laut Experten bis 2050 verdoppeln. Aber auch scheinbar harmlose Leiden wie das permanente Zittern eines Körperteils ist in den letzten Jahren zu einem Massenphänomen geworden:
Schon 15 Prozent der über 50-Jährigen leiden an Tremor, wie dieses unkontrollierbare Zittern von Medizinern genannt wird. Nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen wird das Zittern von einer schweren Erkrankung wie Morbus Parkinson ausgelöst.
Jahrestagung:
Von 25. bis 27. März findet in Graz die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie statt, die heuer dem Schwerpunkt Interdisziplinarität gewidmet ist. Die Zusammenarbeit von Neurologie, Radiologie und Psychologie bei Tremor und tiefer Hirnstimulation wird auch Thema einer Plenarsitzung sein.
Video:
Die Elektroden werden bei einer Wachoperation im Gehirn angebracht, die Wirkung der leichten Stromstöße gleich überprüft. Im Video sieht man einen Parkinson-Patienten, der zuerst stark zittert, nach den ersten Stromstößen die Hand aber ruhig halten kann.
Ö1 Sendungshinweis:
Über den "Gehirnschrittmacher" berichtete auch "Wissen Aktuell" am 23. März 2015 um 13.55 Uhr.
"Reset" eines abnormalen Musters
Unmittelbarer Auslöser des Zitterns sind bestimmte Nervenzellen im Gehirn, die zu viele oder zu starke Impulse abgeben. Genau hier könne die tiefe Hirnstimulation helfen, betonte Petra Schwingenschuh von der Grazer Universitätsklinik für Neurologie.
Wie ein Schrittmacher das Herz durch leichte Stromstöße zum Schlagen anregt, funktioniert auch der Schrittmacher fürs Gehirn, erklärt die Neurologin: "Indem man Elektroden in das Gehirn einbringt und mit niedriger Stromstärke hochfrequente Impulse abgibt, kommt es zum 'Reset' dieses abnormalen Musters. Damit bewirkt man, dass die Zellen wieder in einem normaleren Muster feuern."
Symptombehandlung
Die Elektroden werden direkt ins Gehirn eingesetzt, der Schrittmacher selbst unter dem Schlüsselbein implantiert. Er kann von außen eingestellt und programmiert werden. Bei den Betroffenen bewirken die leichten Stromstöße im Gehirn, dass das Zittern meist aufhört oder zumindest deutlich nachlässt.
Neurologin Petra Schwingenschuh betont allerdings: Die tiefe Hirnstimulation behandelt nur das Symptom des Zitterns, sie ist keine Heilung für Morbus Parkinson oder andere Formen krankhaften Zitterns. Bei Parkinson müsse auch dazu gesagt werden, "dass die Krankheit natürlich fortschreitet und dadurch auch das Zittern wieder stärker werden kann", so die Ärztin.
Gleichzeitig seien die Ergebnisse der tiefen Hirnstimulation aber so positiv, dass die Methode nun auch für andere Bewegungsstörungen wie beispielsweise Tic-Erkrankungen erprobt wird.
Elke Ziegler, science.ORF.at