Zum ersten Mal werden in dem vom Wissenschaftsfonds (FWF) finanzierten Projekt die unzähligen, heute noch in ganz Europa sehr präsenten Bildnisse der Regentin untersucht - seien es Ölgemälde, Kupferstiche oder kleine Medaillen. Dabei sollen nicht nur die unterschiedlichen Rollen der Habsburgerin, die sie für die diversen Empfänger spielte, sondern auch die Produktion und Verbreitungswege dieser Bilder untersucht werden, erklärt Projektleiter Werner Telesko vom Institut für kunst- und musikhistorische Forschungen der ÖAW.
Veranstaltungshinweis:
Projektvorstellung "Maria Theresia - Ein 'Medienstar' unter der Lupe", 23. April, 10.00 Uhr, Kunsthistorisches Museum Wien, Vortragsraum, Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien
Eines der ersten Ergebnisse: Maria Theresia (1717-1780) plante diesen medialen Siegeszug nicht selbst. "Es handelte sich nicht um Selbstinszenierung. Es gibt kaum Belege für Aufträge, die die Herrscherin selbst erteilt hätte", so der Kunsthistoriker. "Da ist ein ganz anderes Repräsentationsverhalten als vorher und nachher zu konstatieren." Umso überraschender, wie genau die Bilder und Symbole auf die jeweilige Zielgruppe Bezug nehmen. Denn zum ersten Mal mussten sich die Produzenten der Bilder mit einer Frau am Thron auseinandersetzen - mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen.
Publikumsgerechte Darstellung
Handelte es sich etwa um "Volkskunst", also viel verbreitete Kupferstiche und Holzschnitte oder sogar Darstellungen auf Tischdecken oder Gläsern, erschien Maria Theresia häufig in sakralem Gewand. Damit sollte vor allem die einfache, meist religiöse Bevölkerung in ihrer Lebenswelt angesprochen werden. Die Herrscherin wurde als neue Maria, also als Mutter Gottes, Judith oder als Teresa von Avila dargestellt. Stecher produzierten dabei meist auf eigene Rechnung und hofften nicht ohne Grund auf die Kaiserin als Verkaufsmagnet.
llerdings würden sich auch in Karikaturen und Flugschriften durchaus deftige Beschreibungen der Regentin finden: "Im 18. Jahrhundert veränderte sich die Darstellungsweise wichtiger Persönlichkeiten, sie wurde direkter, lebensnaher und diversifizierter und eignete sich so auch besser für Propaganda und Veranschaulichung", meinte Telesko. Bei Maria Theresia sei das deutlich stärker zu merken, als noch bei ihrem Vater Karl VI.
Große Ölgemälde oder Fresken, die häufig Klöster oder Rathäuser zierten, wurden von den Gemeinden bzw. Äbten meist selbst in Auftrag gegeben. "Man erhoffte sich dadurch auch, die Gunst der Herrscherin zu gewinnen", erklärte Telesko. Sie zeigten die Regentin - fast im Copy- und Paste-Verfahren - in typischen, sich oft wiederholenden Posen und Stereotypen. Besonders wirkmächtig wurde ab 1765 Maria Theresias Image als trauernde Witwe. Die Mythologie, früher beliebte Folie kaiserlicher Darstellungen, trat hingegen zunehmend in den Hintergrund: "Die Trauer tragende Herrscherin wurde zur politischen und zugleich emotional-lebensnahen Symbolfigur", so der Kunsthistoriker.
Bilder eine "starken Frau"
Ging es dagegen um staatstragende Repräsentation oder politische Auseinandersetzungen wie etwa im Österreichischen Erbfolgekrieg oder im Siebenjährigen Krieg, spielten die Insignien eine bedeutende Rolle: "Es gibt kaum einen Herrscher, der so häufig mit unterschiedlichen Kronen und Krönungsgewändern abgebildet wurde", schilderte der Projektleiter. Die Kaiserin sei so zur "starken Frau" Österreichs und zur "Landesmutter" stilisiert worden, die die Länder der Habsburger gegen den Untergang der Dynastie verteidigte.
Vor dem Tod ihres Ehemanns, Franz I. Stephan, wurde diese Macht noch anders ausgedrückt. Das Ehepaar inmitten ihrer reichen Kinderschar sollte Dominanz und Erbfolgepotenzial des Habsburgerreiches darstellen - auch heute noch eines der bekanntesten "Images" Maria Theresias.
Besonders gut lassen sich Darstellungen der Regentin auf Medaillen nachvollziehen, von denen heute noch Distributionslisten vorhanden sind. Sie gingen vor allem an ausländische Gesandte, Adelige oder dienten als Geschenke. "Oft wurden diese sehr gezielt vergeben, um Präsenz zu zeigen oder ein gewisses Image noch zu unterstreichen", sagte Telesko.
Im Siebenjährigen Krieg enthielten sie etwa deutliche Botschaften gegen Frankreich oder Preußen, was die Medaillen auch rasch zu beliebten Tausch- und Sammelobjekten an den europäischen Fürstenhöfen machte. "Die Medaillen erzählen somit die gesamte Geschichte des Habsburgerreiches und bieten so eine weitaus dichtere Überlieferung der Propaganda als etwa Gemälde oder Stiche." Auch deshalb hat sich das Projekt die Aufarbeitung und Kontextualisierung sämtlicher relevanter Archivalien und Bildzeugnisse in Österreich und den ehemaligen Kronländern zum Ziel gesetzt.
science.ORF.at/APA