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Kopffüßler aus Glas

"Das Wissen der Dinge"

Handgezeichnete Sternenkarten, Pflanzenmodelle aus Gelatine und gläserne Meerestiere: Eine Ausstellung im Naturhistorischen Museum (NHM) liefert Einblicke in die bisweilen kuriose Forschungsgeschichte der Universität Wien.

Ausstellung 05.05.2015

"Das Wissen der Dinge", so der Titel der Schau, ist ein weiterer Höhepunkt der 650-Jahr-Feierlichkeiten der Alma Mater. Ziel des Jubiläumsjahrs sei ja nicht das Feiern, sondern vielmehr, "zu zeigen, was eine Universität ausmacht", so Rektor Heinz Engl bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit NHM-Generaldirektor Christian Köberl am Dienstag.

Nicht zuletzt "in Zeiten budgetärer Knappheit" sei es eine "notwendige Angelegenheit", aufzuzeigen, "welchen Stellenwert Forschung und Lehre hatte, hat und haben wird". In der Schau, die vorerst bis 31. August zu sehen ist und bei Erfolg verlängert werden soll, lässt man jene Dinge sprechen, "die das Wissen vermitteln", so Köberl.

Aufstieg der Naturwissenschaften

Modelle, Lehrbücher, Instrumente, wissenschaftliche Zeichnungen, Wandtafeln, Lehrfilme und astronomische Geräte, angeordnet im zweiten Stock des Hauses entlang einer als aufgerollten, blitzblauen Papyrusrolle konzipierten Wand, führen vor Augen, wie Wissen im Laufe der Jahrhunderte gewonnen und an Studenten weitergegeben wurde. Höhepunkte sind etwa die zarten Vogelskelette von Johann G. Ilg als "methodischer Blick ins Innere" (vor 1815), die von Robert Brendel aus gefärbter Gelatine hergestellten Pflanzenmodelle (um 1870) oder der vom Geologieprofessor Leopold Kober bemalte historische Globus, der dessen Gebirgsbildungstheorie zeigt (Zwischenkriegszeit).

Eine zweigliedrige Zeitleiste darüber ordnet die Gegenstände aus dem Bereich der Geo- und Lebenswissenschaften, der Astronomie, Chemie und Physik historisch ein und setzt sie mit Meilensteinen der Universität in Verbindung. Der zeitliche Ausschnitt ab 1755 liege auf der Hand, haben sich die Naturwissenschaften doch "erst Mitte des 18. Jahrhunderts begonnen zu etablieren", so Claudia Feigl, Kuratorin der Ausstellung und Sammlungsbeauftragte der Uni. So legte Kaiser Franz I. Stephan mit dem Ankauf einer Naturaliensammlung um 1750 "den Grundstock für das heutige Naturhistorische Museum Wien" und gründete die Universität Wien 1754 einen Botanischen Garten als hortus medicus.

Virtuelles Quantenlabor

Den direkten Bezug zwischen historischer und aktueller Lehre stellen vier in der Raummitte positionierte Tische u.a. zu den Themen Präparation und Mikroskopie her: So stehen präparierte tierische Gehörknöchelchen sowie eingelegte Katzenembryos Josef Hyrtls aus dem 19. Jahrhundert einem 3D-Druck des rekonstruierten Innenohrs eines Proailurus, einer ausgestorbenen Raubtier-Gattung, gegenüber.

Die an der Universität einen hohen Stellenwert genießende Quantenphysik wird mithilfe eines "virtuellen Quantenlabors", einem interaktiven, auch online abrufbaren Bildschirmexperiment, am Ende der Schau erlebbar.

Kunst im Dienste der Wissenschaft

Schönheit und Detailgetreue ganz ohne 3D-Drucker und an der Schnittstelle zwischen Lehre, Wissenschaft und Kunst, führt das Herz der Schau vor Augen: Ein großes, direkt beim Saaleingang platziertes "trockenes Aquarium" versammelt 45 Glasmodelle, die die Glasbläser, Künstler und Naturwissenschafter Leopold und Rudolph Blaschka zwischen 1863 und 1890 herstellten.

Die anatomisch genau gestalteten Meerestiere, auf schimmerndem Boden platziert und in wie eine Unterwasserwelt anmutendes Licht getaucht, stammen aus der 146 Objekte umfassenden Sammlung der Universität - der zweitgrößten im deutschsprachigen Raum - und werden erstmals einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert.

Die Blaschkas nahmen es in punkto Vermittlung bei ihren Lehrmodellen übrigens weniger genau: Weil sie nie Lehrlinge ausbildeten, nahmen sie ihr Wissen um den außergewöhnlichen Herstellungsprozess ihrer Modelle mit ins Grab.

science.ORF.at/APA

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