Die antiken Ruinen von Nimrud sowie Kulturschätze in Mossul im Nordirakt sind durch IS-Kämpfer bereits zerstört worden. Nun bangen Forscher um eine weiteres Kulturgut: die antiken Ruinen von Palmyra. Die Stadt wurde von der Terrormiliz eingenommen, mit ihr das UNESCO-Weltkulturerbe. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sieht die Verurteilung durch die UNO als ersten Schritt gegen die bewusste Zerstörung von Kulturgut durch den IS.
Zur Person:
Hermann Parzinger (56) ist seit 2008 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Der gebürtige Münchner und habilitierte Vor- und Frühgeschichtler war zuvor für das Deutsche Archäologische Institut tätig. Bis heute leitet er zahlreiche Ausgrabungs- und Forschungsprojekte.
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Welche Wirkung kann die UN-Resolution haben?
Hermann Parzinger: Zunächst einmal ist es ein ganz wichtiges Zeichen der Weltgemeinschaft, hier klar Position zu beziehen. Das schärft das Bewusstsein dafür, was vor allem in Syrien und dem Nordirak derzeit geschieht: Die bewusste Zerstörung von Kulturgut ist ein Kriegsverbrechen! Alle Länder sind jetzt zum Handeln aufgefordert. Wir können nicht in die kriegerischen Auseinandersetzungen vor Ort eingreifen, aber wir müssen die betroffenen Staaten mit Blick auf den späteren Wiederaufbau schon jetzt gezielt unterstützen.
Was sollten wir tun?
Das Wichtigste ist, den illegalen Handel mit gestohlenem oder ausgegrabenem Kulturgut einzudämmen. Solange terroristische Vereinigungen wie der Islamische Staat wissen, dass es einen Markt gibt, dass es Abnehmer gibt, werden sie weiter plündern und rauben.
Stimmt es, dass der IS seinen Terror so finanziert?
Angeblich soll der Umsatz aus dem illegalen Antikenhandel inzwischen an dritter Stelle hinter dem Drogen- und Waffenhandel liegen. Ob das wirklich so ist, wissen wir nicht genau, aber man kann sich ausmalen, dass es auf jeden Fall erhebliche Summen sind. Dass ein Teil auch in die Finanzierung von Terroraktionen des IS fließt, darf man annehmen. Immer mehr Gas- und Ölfelder stehen ja durch die Luftangriffe nicht mehr als Einnahmequelle zur Verfügung, das macht den illegalen Antikenhandel noch interessanter.

APA/EPA/SANA HANDOUT
Was passiert denn in den betroffenen Ländern konkret?
Zweierlei. Das eine ist die bewusste und gezielte Zerstörung von Weltkulturerbe aus ideologischen Gründen zu Propagandazwecken. Wir haben das etwa im Museum in Mossul erlebt, in Hatra, in Nimrud und in Ninive. Wir bangen darum, dass Ähnliches sich jetzt nicht auch in Palmyra wiederholt.
Dann gibt es aber auch noch eine andere Art der Zerstörung, nämlich die systematische Durchwühlung von bekannten und unbekannten archäologischen Stätten auf der Suche nach wertvollen Antiken: Statuen, Schmuck aus Gold- und Silber, Rollsiegel, Keilschrifttafeln usw. Es gibt Luftbilder von riesigen Fundplätzen, die nur noch aus Kratern bestehen, einer neben dem anderen. Und wer mit Bulldozern und anderem schwerem Gerät im Orient Fundschichten durchpflügt, zerstört die historischen Zusammenhänge unwiederbringlich.
Interview: Nada Weigelt, dpa
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