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Bunte Korallen im Ozean

Klimawandel: Korallen trotzen der Wärme

Die Korallen sterben, die großen Riffe drohen zu verschwinden - und schuld daran ist vor allem der Klimawandel, heißt es allenthalben. Eine Studie unterbricht nun das übliche Lamento mit einer guten Nachricht: Korallen können sich viel besser an hohe Temperaturen anpassen als bisher gedacht.

Umwelt 26.06.2015

Klimawandel im Labor - so könnte man die Versuche zusammenfassen, die Line K. Bay soeben durchgeführt hat. Die Forscherin vom Australian Institute of Marine Science untersuchte mit ihren Mitarbeitern Korallen aus zwei Gebieten vor der Küste von Queensland: zum einen solche aus der Princess-Charlotte-Bucht, zum anderen solche, die von der 300 Meilen weiter südlich gelegenen Orpheus-Insel stammen.

Die Korallen gehören beide zur gleichen Art, nämlich zur riffbildenden Steinkoralle "Acropora millepora", aber die Vertreter aus der Princess-Charlotte-Bucht leben in wärmeren Gewässern. Zwei Grad beträgt der Unterscheid zwischen den beiden Regionen - und das macht, wie die Forscher im Fachblatt "Science" schreiben, einen großen Unterschied.

Die Studie

"Genomic determinants of coral heat tolerance across latitudes", Science (25.6.2015).

Ö1-Sendungshinweis

Über diese Studie berichtete auch "Wissen aktuell", 26.6.2015, 13.55 Uhr.

Korallen in Nahaufnahme

M. Matz

Nahaufnahme: Acropora millepora

Line Bay setzte die Larven im Labor testweise hohen Temperaturen aus, wie sie bei fortschreitendem Klimawandel zu erwarten wären. Jene aus dem warmen Norden kamen mit den widrigen Bedingungen deutlich besser zurecht und überlebten zehnmal häufiger als die aus der südlichen Vergleichsgruppe. Das liegt, wie die Forscher nachweisen, an der genetischen Ausstattung, die sich wiederum durch Kreuzung auf andere, weniger tolerante Vertreter dieser Art übertragen lässt.

Ziel: Kreuzung mit robusten Varianten

Das mache Hoffnung für zukünftige Schutzmaßnahmen, sagt Bay gegenüber science.ORF.at: "Die Idee ist, dass wir nun Exemplare aus dem Norden im Süden ansiedeln, damit sie sich mit den lokalen Korallen kreuzen. Sollte sich dieser Eingriff als sicher erweisen, dann hätte die Maßnahme bereits nach einer Generation - das sind bei Korallen etwa fünf Jahre - Aussicht auf Erfolg."

Ob dieses Ergebnis auch für andere Arten gilt, sei wahrscheinlich, wenn auch noch nicht bewiesen, sagt Bay. Fest stehe jedenfalls, dass die Acropora-Korallen in mehrfacher Hinsicht ein wichtiger Vertreter dieser Gruppe sind: "Sie sind weit verbreitet und für einen großen Prozentsatz der Riffbildung verantwortlich, speziell im indopazifischen Raum."

Taucher im Great Barrier Reef

Ray Berkelmans , Australian Institute of Marine Science

Temperaturtolerante Korallen im nördlichen Great Barrier Reef

Gleichwohl ist das warme Wasser nicht das einzige Problem, mit dem die Korallen weltweit zu kämpfen haben. Sie leiden auch unter der zunehmenden Überdüngung und Verschmutzung der Ozeane und unter dem - infolge von gelöstem CO2 - saurer werdenden Wasser, das die Skelette der Korallen aufzulösen droht. Bay und ihre Kollegen wollen nun auch hier die robusteren Exemplare ausfindig machen und ihre Gene durch Kreuzung in der Population verbreiten.

Der drohende Kollaps ließe sich zudem durch kluges Riffmanagement verzögern, wie Forscher der University of Queensland 2013 herausgefunden haben. Bis zu zehn Jahre könnte man auf diese Weise gewinnen. Aufzuhalten wäre das Korallensterben freilich nur durch Maßnahmen im globalen Maßstab: Vor allem der CO2-Ausstoß müsste bis Mitte des Jahrhunderts deutlich sinken.

Robert Czepel, science.ORF.at

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