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Geöffneter Mund beim Biss in einen Hamburger

Überfluss macht dick

Ein üppiges Angebot an Nahrungsmitteln sorgt für übergewichtige Menschen. Das zeigt jetzt eine Studie. In 69 Ländern ist das Angebot an Lebensmitteln mit dem Hang zur Fettleibigkeit bei Menschen verglichen worden. Laut Studie haben Körpergewicht und Lebensmittelangebot in den letzten 40 Jahren zugenommen.

Ernährung 01.07.2015

In der Studie, die im Bulletin of the World Health Organization (WHO) erschienen ist, sind Länder mit hohem, mittlerem und niedrigem Einkommen gleichermaßen verglichen worden. In 81 Prozent aller Länder, darunter auch Deutschland, Dänemark und Tschechien, sind Körpergewicht und Nahrungsangebot im Zeitraum zwischen 1971 und 2010 gestiegen. Für Österreich gibt es keine Daten, mehrere Ernährungsstudien ziehen aber Parallelen zu anderen wohlhabenden Ländern, wie die USA oder Kanada, die in der aktuellen Studie untersucht wurden.

Die Studie
"Epidemic of obesity and overweight linked to increased food energy supply" erscheint am 1. Juli 2015 im "Bulletin of the World Health Organization".

Links
- Universität von Auckland
- WHO

Ö1 Sendungshinweis:

Darüber berichtete auch Wissen Aktuell am 1.7. um 13.55 Uhr.

Überangebot an Nahrung sorgt für Übergewicht

„Wir wissen, dass sich auch andere Faktoren geändert haben. Etwa die Urbanisierung, die Abhängigkeit vom Auto und Berufe, die die meiste Zeit im Sitzen ausgeübt werden“, sagte Studienautorin Stefanie Vandevijvere, Ernährungswissenschaftlerin an der Universität von Auckland in Neuseeland. Diese Faktoren würden auch zu mehr Fettleibigkeit führen, Hauptgrund sei aber der Überschuss an Kalorien.

Das Überangebot an kalorienreicher Nahrung ist laut der Studie ein Indikator für stärkeren Konsum. In zwei Drittel aller untersuchten Länder sei der Zuwachs an Körpergewicht mit dem Plus an Nahrungsmitteln zu erklären. Meist handelt es sich dabei um Länder mit hohem oder mittlerem Einkommen. In diesen Ländern bewegen sich die Menschen auch weniger - etwa im Arbeitsalltag -, was ebenfalls zu Übergewicht führen kann.

Nahrungsangebot hat sich erhöht

Das Nahrungsangebot hat sich laut der Studie über die Jahre vor allem in Ländern mit hohem Einkommen deutlich erhöht. In Deutschland wurden 2010 im Vergleich zu 1971 täglich um 139 Kalorien mehr konsumiert. Noch deutlicher fiel der Anstieg in den USA aus: Dort nehmen die Menschen gleich um 768 Kalorien pro Tag mehr zu sich. Leicht rückläufig, mit einem täglichen Minus von 74 Kalorien, war hingegen der Kalorienverbrauch in der Schweiz. Die Schweizer ernähren sich demnach nicht nur kalorienbewusster: Aus der Studie geht auch hervor, dass die Eidgenossen in den letzten Jahrzehnten etwas dünner wurden.

Generell gibt es aber in den letzten Jahrzehnten einen Anstieg an kalorienreicher Nahrung. Erklärbar sei das durch industriell verarbeitete Lebensmittel. Diese seien schmackhaft, günstig und werden durch die Werbeindustrie ständig beworben. „Das macht es leicht, jeden Tag überdurchschnittlich viele Kalorien zu sich zu nehmen“, fasst Studienautorin Vandevijere zusammen. In Ländern mit hohem Einkommen, wie etwa in den USA, wird aber nicht nur kalorienreicher gegessen, es wandern auch immer mehr Lebensmittel in den Müll.

Anstieg an Fettleibigkeit und Diabetes stoppen

Laut den Forscherinnen und Forschern gibt es in den untersuchten Ländern einen deutlichen Anstieg an übergewichtigen Menschen. 1980 waren knapp 29 Prozent der Männer übergewichtig, 2013 ist die Zahl auf insgesamt 37 Prozent angestiegen. Ein ähnliches Bild zeigt die Studie bei Frauen: Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Übergewichtigen von knapp 30 auf 38 Prozent gestiegen. Grundlage für diese Zahlen war der Body-Mass-Index.

Für die Forscher stellt die Studie eine wichtige Grundlage für den Kampf gegen Übergewicht dar. Regierungen könnten anhand der Ergebnisse Strategien für gesündere Ernährung entwickeln und so Fettleibigkeit reduzieren. Starkes Übergewicht ist für verschiedene Krankheiten verantwortlich, wie etwa Diabetes oder Herzkrankheiten. Auch Schlaganfälle und einige Krebsarten können durch Fettleibigkeit ausgelöst werden.

Trendumkehr durch mehrere Maßnahmen

„Es gibt keine magische Formel, um Übergewicht zu reduzieren“, so Studienautorin Stefanie Vandevijvere gegenüber science.ORF.at. Vielmehr brauche es einen Mix an Maßnahmen. So müssten gesunde Lebensmittel billiger angeboten werden. Gesundheitskampagnen könnten ebenfalls helfen, das Problem in den Griff zu bekommen. Die Studienautorin wünscht sich daher ein Umdenken: „Ungesundes Essen können wir rund um die Uhr kaufen. Daher brauchen wir einen Plan, wie wir die Leute dazu bewegen, wieder gesünder zu essen.“

Von der WHO gibt es Präventionspläne, um den Anstieg von Fettleibigkeit und Diabetes zu stoppen. Um Kindern ungesundes Essen gar nicht erst schmackhaft zu machen, soll es etwa Werbeeinschränkungen für kalorienreiche Nahrung geben. Zudem werden Lebensmittelkennzeichnungen auf der Verpackungsvorderseite gefordert. Gesundes Essen an Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen soll ebenfalls verstärkt angeboten werden.

Philipp Maschl, science.ORF.at

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