Laut den Forschern der Fukushima Medical University war die Rate an Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen noch 20 Jahre nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl hoch. Ähnliche Probleme gebe es nach dem Gau in Fukushima.
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- Schwerpunkt zu Atomkatastrophen in "The Lancet"
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Dem Thema widmete sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 31. Juli.
Den Forschern zufolge leiden 14,6 Prozent der erwachsenen Evakuierten von Fukushima an psychischen Problemen, das sind fast fünfmal mehr als in der allgemeinen Bevölkerung (drei Prozent). Das führen die Autoren auch darauf zurück, dass die Evakuierungen recht chaotisch abliefen und die Betroffenen nur unzureichend über Gesundheitsgefahren informiert wurden. "Obwohl die Strahlenbelastung für die Menschen nach Fukushima relativ niedrig war und keine erkennbaren körperlichen Gesundheitsschäden erwartet werden, hatten psychische und soziale Probleme einen verheerenden Einfluss auf das Leben der Menschen", wurde Studienleiter Koichi Tanigawa in einer "Lancet"-Mitteilung zitiert.
Es gelte, Lehren aus Fukushima zu ziehen. Eine der wichtigsten Aufgaben der Gesundheitsdienste sei, "verlässlich zu kommunizieren, dass bei den meisten Atomunfällen nur sehr wenige Menschen einer lebensbedrohlichen Dosis von Radioaktivität ausgesetzt sind", schrieb ein Team um Akira Ohtsuru von der Fukushima Medical University in einem zweiten Bericht.
Unklare Gefahr
Man müsse den Bewohnern helfen, die Gesundheitsrisiken zu verstehen. Zudem müssten mentale Erkrankungen von Bewohnern, die ihre Häuser verlassen mussten, beobachtet und behandelt werden. Nach dem Gau in Fukushima am 11. März 2011 waren 170.000 Bewohner im Umkreis von 30 Kilometern der Atomruine evakuiert worden. Bei einem Drittel der weltweit insgesamt 437 Atomkraftwerke lebten teils deutlich mehr Menschen innerhalb eines solchen Radius. Bei 21 AKWs seien es mehr als eine Million.
Eine dritte Forschergruppe um Kenji Kamiya von der Hiroshima University schrieb, dass die Krebsgefahr im Falle moderater und hoher Strahlendosen deutlich steigt. Unklar bleibe dagegen das Risiko bei niedrigen Strahlenwerten - also 0,1 Gray oder weniger. Forschung sei nicht nur wichtig, um die Auswirkungen von Atomkatastrophen auf die Gesundheit zu ermitteln, sondern auch, um Grenzwerte und Standards zum Strahlenschutz zu entwickeln.
science.ORF.at/APA/dpa