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Zwei Pensionisten auf einer Parkbank

Geistig fitter, aber nicht körperlich

Ältere Menschen bleiben in unseren Breitengraden immer länger "jung": Sie leben länger, gesünder, sind körperlich und geistig fitter. Das ist zumindest die gängige Annahme. Neue Studien widersprechen dem nun: Zwar werden Menschen über 50 tatsächlich immer schlauer, sie fühlen sich körperlich aber schlechter als noch vor ein paar Jahren.

Alternsforschung 01.09.2015

"Man ist lange Zeit davon ausgegangen, dass die Menschen immer älter und körperlich fitter werden. Und dass sie deshalb auch geistig reger sind", erklärte die Soziologin Nadia Steiber vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg gegenüber Ö1. "Unsere Studien zeigen, dass das nicht unbedingt der Fall ist."

Steiber hat mit Kollegen repräsentative Umfragedaten analysiert, bei denen die Geschwindigkeit bei kognitiven Aufgaben, die körperliche Fitness und die geistige Gesundheit bei älteren Menschen in den Jahren 2006 und 2012 ausgewertet wurden. "Die Daten stammen aus Deutschland und England. Die Ergebnisse sind aber auch auf Österreich übertragbar", sagte die Soziologin.

Die Studien:

"Population Aging at Cross-Roads: Diverging secular trends in average cognitive functioning and physical health in the older population of Germany" von Nadja Steiber und Kollegen ist am 31. August in "PLOS ONE" erschienen, "Smarter ever day: The deceleration of population ageing in terms of cognition" von Valeria Bordone und Kollegen vor Kurzem in der Fachzeitschrift "Intelligence".

Ö1 Sendungshinweis:

Über das Thema berichteten auch die Ö1 Journale, 1.9., 12:00 Uhr.

Auseinanderklaffen von Körper und Geist

Bei Männern und Frauen aller Altersgruppen von 50 bis 90 seien die Testergebnisse bei den verstandesmäßigen Fähigkeiten innerhalb dieser sechs Jahre signifikant besser geworden, berichtet sie. Die Gesundheitswerte, sowohl geistig, als auch körperlich, sanken aber im gleichen Zeitabschnitt, erklärte sie. Besonders ausgeprägt sei dies bei weniger gebildeten Männern zwischen 50 und 64 Jahren.

"Dabei handelt es sich aber nicht um objektive Werte, sondern um das subjektive Gesundheitsempfinden", präzisierte Nadia Steiber. Die älteren Menschen glauben also quasi, dass sie körperlich weniger rüstig sind als noch vor ein paar Jahren, obwohl objektive Daten – siehe steigende Lebenserwartung – dagegen sprechen. Die Wissenschaftlerin erklärt das damit, dass sich die Menschen immer weniger körperlich betätigen und immer mehr sitzen bei der Arbeit – und daraus resultiere das subjektiv gesunkene körperliche Wohlempfinden.

Generell würden die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen Körper und Geis an den veränderten Lebensstilen liegen. Ältere Menschen würden mental mehr und mehr gefordert, weil sie im täglichen Leben immer mehr Kommunikations- und Informationstechnologien verwenden und länger in intellektuell anspruchsvollen Berufen arbeiten.

science.ORF.at/APA

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