Die Zahlen der Forscher sind etwa achtmal höher als bisher angenommen. Der Grund dafür: In der Vergangenheit basierten die Schätzungen vorwiegend auf Satellitendaten.
Ein Team um Thomas Crowther von der amerikanischen Yale University hat diese nun mit Bestandsaufnahmen von Wäldern von mehr als 400.000 Beobachtungspunkten rund um den Globus sowie Computerberechnungen kombiniert.
Die Studie:
"Mapping tree density at a global scale" von Thomas Crowther und Kollegen ist am 2. September in "Nature" erschienen.
Ö1 Sendungshinweis:
Über das Thema berichteten auch die Ö1 Journale, 3.9., 7:00 Uhr.
In Österreich gibt es über drei Milliarden
Das Land mit den meisten Bäumen ist demzufolge Russland: Hier stehen laut der Berechnung 640 Milliarden Bäume. In Österreich gibt es laut den Forschern über drei Milliarden, in etwa so viele wie in Griechenland, Portugal und Kenia.
Bestätigen kann diese Zahlen Klemens Schadauder, der Leiter des Instituts für Waldinventur vom Bundesforschungszentrum für Wald. "Wobei es immer eine Frage der Definition ist", meinte er gegenüber science.ORF.at.
Während die Forscher in der aktuellen Studie von einem Baumdurchmesser von zehn Zentimetern ausgegangen sind, basiert die heimisch Inventur auf fünf Zentimetern. "Und da kommt man auf etwas höhere Werte. Wir gehen in diesem Sinne von 3,5 Milliarden Bäumen in Österreich aus."

Clara Rowe
Menschen halbierten die Anzahl
So oder so ist Österreich ist nach wie vor ein Land der Wälder. Rund die Hälfte des Staatsgebiets ist von ihnen geprägt. Die höchste Baumdichte gibt es nach der aktuellen Hochrechnung aber in den nördlichen Wäldern der subarktischen Regionen von Russland, Skandinavien und Nordamerika.
Die flächenmäßig größten Wälder bilden die Tropen, die 43 Prozent der Bäume weltweit beheimaten. Die Ergebnisse zeigen, wie die Baumdichte von der Art des jeweiligen Waldes abhängt. Für die meisten Ökosysteme könne die Baumdichte eines Waldes mithilfe des Klimas vorhergesagt werden, schreiben die Forscher.
Eine feuchte Umgebung etwa ist gut für das Wachstum von Bäumen. Allerdings würden diese positiven Effekte in vielen Regionen vom Menschen umgekehrt, da solche Flächen oft für die Landwirtschaft genutzt würden. Die menschliche Zivilisation ist generell der größte Einflussfaktor: Seit ihrem Ursprung hat sich die Zahl der Bäume fast halbiert, berichten die Forscher.
Europas Wälder wachsen wieder
Aktuell sieht die Lage so aus: Rund 200.000 Quadratkilometer Wald – eine Fläche zweieinhalb Mal so groß wie Österreich – verschwindet jedes Jahr. Gründe dafür sind Abholzung, eine veränderte Landnutzung und die Waldbewirtschaftung. Wie die Forscher nun umgerechnet haben, sind davon jährlich 15 Milliarden Bäume betroffen – vor allem in Afrika und zunehmend in Südostasien, sagt Klemens Schadauder.
Es gibt aber auch Gegentrends: "In Europa wachsen die Wälder wieder", sagt der Experte vom Bundesforschungszentrum für Wald.

David Zeleny
Die Studie wurde inspiriert von der Jugendinitiative "Plant for the Planet", welche das Umweltprogramm der Vereinten Nationen "Eine Milliarde Bäume" anführt. Vor zwei Jahren kamen Vertreter der Initiative auf Thomas Crowther zu und fragten nach der genauen Anzahl der Bäume auf der Welt, um ihre Vorhaben besser planen zu können.
Zu dieser Zeit wurde von 400 Milliarden Bäumen ausgegangen - was etwa 60 Bäumen pro Erdbewohner entspricht. Die Zahl basierte auf Satellitenaufnahmen und Schätzungen der globalen Waldflächen, beinhaltete aber keine Informationen direkt vom Boden. Durch die Kombination mit solchen Daten ergab die neue Studie nun die wesentlich größere Menge.
360 Bäume pro Österreicher und Österreicherin
"Die Vielfalt der Daten erlaubte es uns, Modelle zu entwickeln, die die Anzahl von Bäumen auf regionaler Ebene schätzen", erläutert Co-Autor Henry Glick von der Yale Universität. Für Österreich sind in der Studie etwa 360 Bäume je Einwohner und Einwohnerin aufgelistet – im weltweiten Durchschnitt sind es rund 420.
Ausreißer gibt es in beide Richtungen. In Pakistan, Turkmenistan und einigen Ländern des Nahen Ostens sind es weniger als zehn Bäume je Einwohner und Einwohnerin. In Norwegen gibt es rund 3.000 Bäume pro Person, in Russland etwa 4.500 und in Kanada gar knapp 9.000.
"Es ist toll, dass wir nun weltweit sehr genaue Bescheid wissen über die Anzahl der Bäume", sagt Klemens Schadauer. "Das ist wesentlich für eine weltweite Politik v.a. im Bereich Klima." Noch wichtiger als die reinen Stammzahlen seien aber die Biomasse der Wälder, ihre konkrete Nutzung und ihre natürlichen klimabedingten Änderungen, so der Experte.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at/APA
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