Die Überreste der Homo naledi genannten Art gehören zu einem umfangreichen Fund von Fossilien, den Forscher der südafrikanischen University of the Witwatersrand 2013 machten. Geborgen sind davon bisher mehr als 1.550 Teile - wie viele noch in einer Höhle liegen, sei unklar, sagte eine Sprecherin des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.
Das gilt auch für das Alter der Menschenart: Die Besonderheiten des Fundorts hätten bisher eine Datierung unmöglich gemacht. "Und wir wollen ein Alter erst bekanntgeben, wenn wir absolut sicher sind", hieß es in einer Aussendung. Für die Bergung waren besonders schlanke Helfer nötig: Die Fossilien lagen in einer abgelegenen Kammer der Höhle, die nur über eine sehr schmale Rinne zugänglich war.
Kannten Ritus der Bestattung
Wegen des Fundorts nehmen die Forscher an, dass die Toten bewusst abgelegt wurden. Dass Verstorbene bestattet werden, galt bisher als Ritual des modernen Menschen, des Homo sapiens. Doch andere Szenarien sind wohl ausgeschlossen: Da die Knochen relativ unbeschadet sind, gilt es als unwahrscheinlich, dass Raubtiere oder Wasser die Körper in die Kammer befördert haben könnten. Die wenigen nicht menschlichen Fossilienteile dort stammen demnach von zufällig in die Kammer geratenen Mäusen und Vögeln.
Die Studie
"Homo naledi, a new species of the genus Homo from the Dinaledi Chamber, South Africa" von Lee Berger und Kollegen ist am 10. September 2015 in der Fachzeitschrift "eLife" erschienen.
Die Bilder stammen aus der Oktober-Ausgabe von "National Geographic", das über Homo naledi berichtet.
Ö1-Sendungshinweis
Über das Thema berichteten auch die Ö1-Nachrichten am 19. September.

obert Clark/National Geographic, Lee Berger/University of the Witwatersrand via AP
Besonders erfreulich für die Wissenschaft: In der Kammer fanden sich fast alle Knochen von Homo naledi mehrfach, berichtete Teamleiter Lee Berger von der University of the Witwatersrand. Daher sei er der Wissenschaft schon jetzt besser bekannt als alle anderen fossilen Vertreter der menschlichen Abstammungslinie. Homo naledi war laut den Ergebnissen etwa 1,50 Meter groß und wog 45 Kilogramm. Einen "sehr grazilen Körperbau" bescheinigen ihm die Forscher - und ein nur etwa orangengroßes Gehirn.
Ein geschickter Kletterer
Homo naledis Schädel, Zähne, Schultern und Becken ähnelten zwar den frühesten Vertretern unserer Gattung. In anderen Punkten sahen die Forscher aber auch "überraschend menschenähnliche" Eigenschaften: Die Füße etwa seien kaum von denen eines modernen Menschen zu unterscheiden. Mit den Händen war er wohl geschickt genug, um Werkzeuge zu benutzen.

Mark Thiessen/National Geographic
Die vergleichsweise stark gebogenen Finger deuteten zudem darauf hin, dass Homo naledi klettern konnte, erklärt die Paläoanthropologin Tracy Kivell vom MPI für evolutionäre Anthropologie. Der Name der neuen Art ist eine Hommage an den Fundort: Die Höhle heißt "Rising Star" (aufgehender Stern). Und "Naledi" bedeutet in der in Südafrika regional gesprochenen Sprache Sesotho "Stern".
Wohin im Stammbaum?
Die Einordnung der neuen Funde in den Stammbaum des Menschen ist alles andere als einfach, betonen die Forscher. Homo naledi habe einige Eigenschaften gemein mit Australopithecinen, aber auch mit frühen Homo-Linien, wie Homo habilis und Homo erectus. Er könnte also aus dieser Ebene der Frühformen stammen. Auf der anderen Seite trägt er Züge, die nur bei Homo sapiens vorkommen.
Die Hypothese der Forscher: Es gab einen gemeinsamen Vorfahren von Homo naledi, erectus und sapiens, der verschiedene Eigenschaften dieser drei Arten in sich vereinte. Das gilt es in Zukunft zu klären, weitere Studien zu der Fundstätte sind in Vorbereitung. Was jetzt schon sicher ist: Homo naledi hat den Stammbaum des Menschen ordentlich durcheinandergebracht.
science.ORF.at/dpa
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