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Vor allem wuchs der Appetit des Menschen auf Fisch unaufhörlich, sodass Fischpopulationen stark dezimiert wurden - teilweise sank ihre Zahl in rund 40 Jahren um 74 Prozent. Während der durchschnittliche Fischkonsum pro Mensch in den 60er Jahren noch bei 9,9 Kilogramm gelegen sei, habe dieser im Jahr 2012 bereits 19,2 Kilogramm betragen. Fisch werde inzwischen schneller gefangen, als er wieder hervorgebracht werden könne.
Das habe "schlimme Folgen" für die gesamte Menschheit, warnte WWF-Chef Marco Lambertini. Schließlich würden gerade die ärmsten Gemeinschaften, die vom Meer abhingen, "am schnellsten und härtesten" getroffen. "Überfischung beeinträchtigt nicht nur die Balance des Lebens in den Meeren, sondern auch in Küstengemeinden, wo soziale und wirtschaftliche Strukturen oft direkt vom Fisch abhängen", erklärte WWF-Fischereiexpertin Karoline Schacht. Ein Kollaps der marinen Ökosysteme halte den weltweiten Kampf gegen Armut und Hunger auf, warnte sie.
Dem Bericht zufolge gibt es auch immer weniger Korallenriffe, Mangroven und Seegräser, die wiederum für Fische wichtig sind. Drei Viertel der weltweiten Korallenriffe gelten derzeit als bedroht und ein Fünftel der Mangrovenwälder fielen zwischen 1980 und 2005 der Errichtung von Aquakulturanlagen, touristischer Infrastruktur oder landwirtschaftlicher Nutzung zum Opfer. Die Umweltschützer beklagen, dass Pläne für Rohstoffabbau heutzutage selbst schwer zugängliche Lebensräume wie Tiefsee und Polarmeere ins Visier nähmen, die ein empfindliches Artengefüge beherbergten.
Bogen überspannt
Aus einem früheren Bericht der Organisation ging hervor, dass die Hälfte aller Korallen bereits verschwunden ist. Sollte die Erderwärmung sich im derzeitigen Tempo fortsetzen, sei zu erwarten, dass es bis 2050 keine Korallen mehr gebe. Die Versauerung und Erwärmung der Ozeane gehen dem neuen Bericht zufolge derzeit schneller voran als in Millionen Jahren zuvor.
"Wir haben den Bogen extrem gespannt", erklärte Schacht. "Unsere Meere brauchen dringend Erholung, um nicht vor unseren Augen zu kollabieren." Der Ozean als dynamisches System habe in der Regel ein gutes Erholungspotenzial. "Dafür müssen wir aber unsere Fehler in den Griff bekommen", forderte Schacht. Meeresschutzgebiete ohne menschliche Nutzungen, nachhaltige Fischerei und Maßnahmen zum Klimaschutz seien unverzichtbar.
Der WWF fordert unter anderem, in den neuen nachhaltigen UNO-Entwicklungszielen Ende September ambitionierte Ziele zum Schutz der Ozeane festzulegen. Bis 2020 müssten mindestens zehn Prozent der marinen Lebensräume in Küstennähe und auf hoher See als Meeresschutzgebiete ausgewiesen werden. Zu den weiteren Empfehlungen zählt etwa, dass Verbraucher und Fischverkäufer darauf achten sollten, auf Produkte von Unternehmen zurückzugreifen, die internationale Richtlinien befolgten. Zudem könnten Fonds zur Wiederherstellung des maritimen Lebensraums mit künftigen Profiten der Fischindustrie aufgestockt werden.
Nina Larson, AFP