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Eine Katze hält ihre Pfote auf eine Computermaus

Wie Hund und Katz mit Computern spielen

Während wohl die meisten beim Wort "Zielpublikum" eine bestimmte Altersschicht vor Augen haben, denkt die Computerspiele-Designerin Michelle Westerlaken an Tiere. Sie entwickelt Spiele für Hunde und Katzen und bindet die Tiere aktiv in den Gestaltungsprozess mit ein.

Verhaltensforschung 06.10.2015

Besonders Computerspiele sind für Westerlaken eine gute Möglichkeit, ihre Spielentwicklung an die jeweiligen Bedürfnisse und Vorlieben der Tiere anzupassen. "Tiere sind ständig mit Technologie konfrontiert, da sie ja mit uns leben. Die meisten technischen Lösungen haben ein klares Ziel, nämlich menschlichen Ansprüchen gerecht zu werden. In der Landwirtschaft zum Beispiel soll die Melkmaschine das Leben des Bauern vereinfachen. Ich erforsche, wie man die Perspektive des jeweiligen Tieres schon im Designprozess mit einbringen kann, um so auch für die Tiere selbst einen Mehrwert zu erzeugen", erklärt Michelle Westerlaken.

Tempelhüpfen von Mensch und Hund

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 6.10., 13:55 Uhr.

Von Bällen und Objekten aus dem 3D-Drucker, über Spieleprogrammierung mit den Programmen "Game Maker" oder "Arduino: Westerlaken testet seit Jahren sämtliche Möglichkeiten, um Spiele zu designen, in welchem Mensch und Tier nur in Kooperation "gewinnen" können.

"Sphero" zum Beispiel ist ein Ball, den man über Bluetooth mit seinem Smartphone steuern kann. Im Gestaltungsprozess galt es, herauszufinden, wie er aussehen muss, damit er Hunde interessiert, respektive, wie Hunde auf den leuchtenden Ball reagieren.

Ein weitere Spiel namens "Dogscotch" ist eine Art Tempelhüpfen von Mensch und Hund. Allerdings muss auch der tierische Partner entsprechende Aufgaben lösen, sonst darf man nicht ins nächste Feld springen. Viele ihrer Erfahrungen teilt Westerlaken auf der Website "Instructables" , die sich den verschiedensten Bereichen der Maker-Szene widmet. Dabei handelt es sich um eine "Do it yourself"-Subkultur, die komplexe technische Herausforderungen mit Hilfe aktueller Technik und jeder Menge Kreativität möglichst kostengünstig meistert.

Nicht alle Katzen interessiert, manche schlafen ein

Als Spieledesigner für Tiere zu arbeiten benötigt eine komplett andere Herangehensweise als für Menschen. Denn Highscores oder Zeitlimits interessiert die tierischen Spieler nicht. Beim Projekt "Felino" schwimmen Fische über ein Touchpad. Gemeinsam sollen Menschen und Katzen durch Berühren des Touchpads die Richtung,oder auch die Geschwindigkeit der Fische ändern.

Westerlaken: "Wir mussten im Vorfeld viel über die Sensorik und das Verhalten von Katzen studieren, bevor es an das tatsächliche Spieledesign ging. Zum Beispiel ist es wichtig zu wissen, dass Katzen die Farben Blau und Gelb klar trennen können, weshalb es im Spiel jetzt nur blaue und gelbe Fische gibt".

Ein erster Test fand in einem Tierheim statt. Immerhin die Hälfte der zwanzig Katzen konnte sich für das Spiel begeistern. "Sie haben sich wirklich aktiv ins Spiel eingebracht. Vor allem die älteren Katzen waren allerdings nicht so interessiert und haben weggeschaut oder sind einfach eingeschlafen", erzählt Westerlaken.

"Aber genau darum geht es: Tiere sollen sich für ein Spiel begeistern können. Tun sie es nicht, müssen wir weiterforschen und aus den Erfahrungen lernen. Bei Spielen für Menschen ist es ja nicht unähnlich. Jeder hat einen anderen Geschmack und dementsprechend ein anderes Lieblingsspiel. Bei Tieren ist die Herausforderung, dass sie uns nicht sagen können, was ihnen gefällt und was nicht. Das müssen wir auf anderen Wegen versuchen herauszufinden."

Zwei Äffchen im Haus des Meeres

Die Interaktion mit dem Tier soll nicht nur Besitzern helfen, ihre Gefährten besser kennenzulernen. Auch die Tiere sollen etwas davon haben. Denn die Lebensräume von Haus- , Nutz- und Zootieren sind vom Menschen gestaltet und natürliche Beschäftigung wie aufwändige Futtersuche oder die Wanderung in neue Gebiete entfällt.

Stattdessen entsteht für die Tiere Freizeit, etwa für die jüngsten Neuzugänge im Wiener Haus des Meeres: zwei Weißkopfsaki-Brüder. Diese Freizeit könnten die beiden Äffchen bald mit Drehen, Graben und dem Lösen von Puzzles verbringen wird: Sie bringen gemeinsam gerade mal zwei Kilo auf die Waage und erkunden das Tropenhaus samt Besucher täglich aufs Neue.

Bald soll es für die beiden auch eine eigens designte Spielburg geben, die Katharina Gollonitsch, Master-Studentin in Lehrgang Handlungsorientierte Medienpädagogik an der Donau Universität Krems, gerade für sie entwickelt.

Eines dreht am Rad

Im ersten Schritt ging es darum zu testen, was den beiden Brüdern zusagt. Gollonitsch: "Ich habe verschiedenste Naturmaterialien mitgebracht, Schalen von Hülsenfrüchten, Röhren, Papier und Schwämme, um herauszufinden, wofür sich die beiden begeistern."

Auch Anekdoten des Pflegepersonals hat die Spieleentwicklerin mit einbezogen: "Einer von den beiden war irrsinnig an dem Skateboard eines Besuchers interessiert. Er wollte ständig am Rad drehen. Also hab ich ihm zum Probieren ein Rad mitgebracht und kam drauf, dass es einem von beiden sehr gefällt, deshalb gibt es jetzt auch Drehelemente im Konstrukt."

In der kommenden Woche sollen die Weißkopfsakis ihr neues Spiel testen. Die Erkenntnisse aus dem Gestaltungsprozess sollen Gollonitsch bei nächsten Projekten helfen. "Es ist natürlich leichter, mit Primaten zu arbeiten oder Papageien und Krähenvögeln, die sehr schlau sind. Aber ich würde es sehr spannend finden, mir untypischere Tierarten anzuschauen. Es gibt Forschungen, die festgestellt haben, dass auch Tiere, bei denen man es vielleicht nicht so erwartet hätte, spielerisches Verhalten an den Tag legen. Ich fände es sehr spannend, zum Beispiel mit wirbellosen Tieren oder mit Fischen zu arbeiten."

Sarah Kriesche, Ö1 Wissenschaft

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