Der Hintergrund: Quarks, die Bausteine der Protonen und Neutronen, werden von der starken Wechselwirkung zusammengehalten. Vermittelt wird diese Kraft von Gluonen (engl. glue: Leim). Laut Quantenfeldtheorie sind diese Bindekräfte nicht nur als Feld zu betrachten, sondern auch als Teilchen - sogenannte Austauschteilchen.
Die Theorie macht noch eine weitere Vorhersage - die Existenz einer neuen Form von Materie. Demnach können sich die Gluonen auch ohne Quarks zu sogenannten "Gluebällen" vereinen.
Die Studie:
"Nonchiral Enhancement of Scalar Glueball Decay in the Witten-Sakai-Sugimoto Model" von Frederic Brünner und Anton Rebhan ist am 21.9. in den "Physical Review Letters" erschienen.
Nur Zerfallsprodukte messbar
Bisher wurde allerdings noch kein "Glueball" eindeutig identifiziert. Die exotischen Teilchen sind extrem kurzlebig und zerfallen praktisch sofort nach ihrer Entstehung in Quark-Antiquark-Paare. Derart zusammengesetzte Teilchen werden Mesonen genannt.
Am Europäischen Labor für Teilchenphysik CERN in Genf (Schweiz) wurden bereits Ende der 1990er Jahre beim Zusammenstoß von Anti-Protonen und Protonen zwei unterschiedlich massereiche Teilchen gemessen, die als mögliche Kandidaten für "Gluebälle" galten. Doch es gab unter den Physikern nie Einigkeit darüber, ob es sich bei einem der beiden Teilchen tatsächlich um einen "Glueball" handelt.
Das leichtere der beiden Teilchen wurde lange für den wahrscheinlichsten Kandidaten gehalten. Denn beim Zerfall des schwereren Partikels entstehen vor allem schwere Quarks. Und das schien den meisten Experten nicht zu ausschließlich aus Gluonen bestehenden Teilchen zu passen.
Nachweis am CERN zu erwarten
"Üblicherweise verwendet man aufwendige numerische Methoden, um die Eigenschaften von Teilchen zu bestimmen, aber gerade bei den 'Gluebällen' und ihren Zerfallsmustern kommt man da nicht weiter", sagte Anton Rebhan vom Institut für Theoretische Physik der Technischen Universität (TU) Wien. Er hat mit seinem Doktoranden Frederic Brünner deshalb einen neuen Zugang gewählt und könnte damit der Lösung des Rätsels einen großen Schritt näher gekommen sein.
Diese neuen Methoden kommen eigentlich aus der String-Theorie und basieren auf höherdimensionaler Gravitationstheorie. "Wir stellen uns zwar nicht vor, dass unsere Welt höherdimensional ist, verwenden aber den mathematischen Aspekt der String-Theorie, um die Teilchen zu beschreiben", sagte Rebhan.
Und mit diesem neuen Ansatz konnte das Zerfallsmuster des schwereren Teilchens mit hoher Genauigkeit reproduziert werden - es wurde damit zum heißen Kandidaten für den lange gesuchten "Glueball" und hört auf den hübschen Namen "Meson f0(1710)".
Ob die Berechnungen stimmen, könnten bereits in den nächsten Monaten Experimente am Teilchenbeschleuniger LHC am CERN sowie an einem chinesischen Beschleunigerexperiment zeigen. "Diese Tests werden die Nagelprobe für unsere Theorie sein", sagte Rebhan. Und wie üblich in der Teilchenphysik wäre ein experimenteller Nachweis der "Gluebälle" für das Verständnis der internen Struktur der Materie von fundamentaler Bedeutung.
science.ORF.at/APA
Mehr zu dem Thema: