Ob beim Anbau oder beim Verbrauch, die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Neue Wettbewerber kommen auf den Markt, China baut inzwischen auf größerer Fläche Reben an als die Winzer in Burgund und Co. Was das Volumen der Weinproduktion anlangt, konnte Italien in diesem Jahr knapp an Frankreich vorbeiziehen.
Selbst beim nationalen Weinkonsum hat Frankreich den Spitzenplatz 2013 an die USA abgetreten. Was Gesundheitsexperten nicht bedauern: Statt wie einst 100 Liter trinkt jeder Franzose heute noch 42 Liter im Jahr. Eine kleine, schleichende Kulturrevolution.
Statt wie früher ein fester Bestandteil der Ernährung sei Wein auch für Franzosen zunehmen ein Genussmittel, sagt der Chef der Internationalen Organisation für Rebe und Wein, Jean-Marie Aurand. Das Weingeschäft werde immer internationaler.
Und der Trend ist längst nicht vorbei - im Gegenteil. Mit steigenden Temperaturen rechnen sich plötzlich ganz neue Anbieter von Großbritannien bis zur Ostseeregion Chancen aus.
Bordeaux in der Bredouille
Was dort Hoffnungen weckt, stellt ausgerechnet die traditionsreichen Châteaus um Bordeaux und die Winzer im Burgund vor neue Herausforderungen.
"Wenn man nichts ändert, wird das Klima von Bordeaux 2050 so sein wie heute in Sevilla, und der Bordeaux-Wein wird nur eine ferne Erinnerung sein", schreibt der ehemalige beigeordnete Minister in einem Buch über die anstehende Klimakonferenz von Paris.
"Der südliche Teil Frankreichs ist mittelfristig echt bedroht", warnt der Autor Yves Leer. Er erzählt in einem Interview mit dem Fachmagazin "La Revue du vin de France", dass die ersten Effekte schon heute sichtbar seien:
Die Trauben werden früher geerntet, der Alkoholgehalt des Weins steigt, das hat Auswirkungen auf den Geschmack. "Wir haben Unwetter, manchmal sehr heftig und sehr plötzlich, die wir vorher nicht hatten", sagte Arnaud d'Arfeuille, Winzer aus Saint-Émilion, dem Sender RMC.
"Wir können uns anpassen"
Vor zwei Jahren prognostizierte eine amerikanische Studie Frankreich einen deutlichen Rückgang der Weinanbaufläche - allerdings zweifelten andere Experten schnell an den Annahmen. Der Forschungsdirektor des nationalen Agrarforschungs-Instituts Inra, Jean-Marc Touzard, betonte, dass Winzer sich technisch anpassen könnten - und nicht zuletzt durch höhere Lagen, um der Hitze auszuweichen.
Allerdings: "Wenn der Verbraucher will, dass ein Bordeaux das bleibt, was ein Bordeaux heute ist, dann ist das eine weitere Herausforderung", sagte er dem Magazin "Paris Match". Er meint deshalb: Wer den Wein liebt, sollte auf einen Erfolg der Klimakonferenz hoffen.
Aurand von der Internationalen Organisation für Rebe und Wein betont, dass die Reben sehr anpassungsfähig seien - schließlich würde auch in sehr trockenen Regionen Wein produziert.
Experten verweisen zudem darauf, dass Frankreichs Weinerzeuger auf eine lange Erfahrung zurückgreifen können, um mit den künftigen Entwicklungen klarzukommen - Alarmismus sei deshalb Fehl am Platz. Und schließlich haben die französischen Winzer nach wie vor einen Ruf zu verteidigen - Wein und Spirituosen stehen in Frankreichs Exportbilanz an dritter Stelle.
science.ORF.at/dpa
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