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Bakterien unter dem Mikroskop

Gefahr resistenter Bakterien wächst in Europa

In Europa werden immer mehr Antibiotika eingesetzt. Damit wächst auch die Gefahr von "Killerkeimen", die auch gegen die stärksten Medikamente resistent sind. Österreich gehört laut einer neuen Studie zu jenen Ländern, in denen der Einsatz von Antibiotika aber gesunken ist.

Medizin 16.11.2015

Dies gab das Europäische Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC) heute in Brüssel bekannt. Anlass ist die erste weltweite Antibiotika-Woche, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) initiiert wurde und am Montag begonnen hat.

Jedes Jahr sterben laut WHO rund 700.000 Menschen, weil Antibiotika gegen bestimmte Bakterien nicht mehr wirken. "Die zunehmende Antibiotika-Resistenz ist eine globale Gesundheitskrise", erklärte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Montag. "Sie erreicht in allen Teilen der Welt ein gefährliches Ausmaß."

Niederlande verwendet am wenigsten

Die ECDC unterscheidet in ihrer Statistik zwischen Antibiotika, die innerhalb von Spitälern eingesetzt werden, und jenen, die aus dem "niedergelassenen Bereich" stammen. In beiden Fällen ist die Zahl der verwendeten Tagesdosen pro 1.000 Einwohner zwischen 2010 und 2014 angestiegen: außerhalb der Spitäler etwa von 20,1 auf 21,6 Tagesdosen.

Im gleichen Zeitraum ist die Anzahl in Österreich gesunken (von 15,0 auf 13,9). Am wenigsten Antibiotika werden in den Niederlanden verabreicht, negativer "Spitzenreiter" sind Griechenland und Frankreich mit mehr als 30 Tagesdosen pro 1.000 Einwohner.

Im Spitalssektor gibt es den gleichen Trend: Der Konsum von Antibiotika ist in den EU/EWR-Ländern zwischen 2010 und 2014 von 1,9 auf 2,0 Tagesdosen pro 1.000 Einwohner gestiegen. Auch in diesem Bereich sind die Niederlande am sparsamsten, Länder wie Großbritannien, Finnland und Belgien (um 2,6 Tagesdosen) sind am unteren Rand der Skala.

Resistente Darmbakterien im Vormarsch

Österreich liegt in allen ECDC-Statistiken im Spitzenfeld. In südeuropäischen und osteuropäischen Staaten werden Antibiotika seit vielen Jahren deutlich häufiger verwendet. Außerdem sind dort die Abgabemodalitäten oft weniger streng geregelt als zum Beispiel mit der in Österreich vorgesehen Rezeptpflicht.

Allerdings sind die Experten zunehmend beunruhigt über die Verbreitung von Darmbakterien, die auch gegen die bisher als "letzte Mittel" verwendeten Carbapenem-Antibiotika resistent geworden sind. In drei europäischen Ländern zeigte sich bei diesen typischen Spitalsmedikamenten, dass Patienten mit Infektionen auch in Krankenhäusern oft nicht mehr ausreichend behandelt werden können.

Besonders betroffen sind hier Länder wie Italien, Griechenland und die Türkei, fast ebenso zum Beispiel Frankreich, Spanien, Ungarn und Polen. Das Problem liegt darin, dass mit einer vermehrten Resistenzbildung gegenüber herkömmlichen Antibiotika auch der Druck dazu steigt, die "Reserveantibiotika" im Spital einzusetzen. Das macht dann auch diese Mittel sehr leicht stumpf.

Es gibt auch Erfolge

Dass sich die Resistenzsituation bei Keimen, die auf Antibiotika ansprechen sollen, aber verbessern lässt, zeigt eine andere Entwicklung. Auf EU/EWR-Ebene ist die Häufigkeit von sogenannten MRSA-Infektionen von 2011 auf 2014 signifikant zurückgegangen.

Der Rückgang war allerdings geringer als im Zeitraum zwischen 2009 und 2012. Das zeigt, dass Hygienemaßnahmen sowie bessere und seltenere Antibiotikaverwendung relativ schnell einen Effekt haben können.

science.ORF.at/APA

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