Der Blick durchs Fernrohr ist manchmal trügerisch. Was man in zwei Dimensionen sieht, kann sich in drei Dimensionen wieder in Luft auflösen. So könnte man eine Studie zusammenfassen, die soeben im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics" erscheinen ist.
Darin geht es unter anderem um eine historische Entdeckung: Im 19. Jahrhundert fanden der Brite John Herschel und der Amerikaner Benjamin Gould bei Himmelsbeobachtungen einen Ring aus hellen Sternen in der Milchstraße.
Der Ring wurde später Gould'scher Gürtel genannt und gilt heute als Klassiker der Astronomie - immerhin gehören zu ihm so prominente Sternbilder wie Perseus, Orion und Zentaur.

ESA
Doch wie Forscher um Joao Alves von der Universität Wien herausgefunden haben, saßen seine Entdecker offenbar einer optischen Täuschung auf.
Die Forscher hatten mit Hilfe von Daten des ESA-Satelliten "Hipparcos" eine dreidimensionale Karte angefertigt, auf der sogenannte O- und B-Sterne in der Milchstraße zu sehen sind. Sie zeigt: Die Sterne im Gould'schen Gürtel sind zwar da, doch sie sind überhaupt nicht ringförmig angeordnet und viel loser im Raum verteilt, als bisher angenommen. Was Herschel und Gould gesehen haben, sagt Alves, "war ein Projektionseffekt."
Man könne sich das wie ein Schattenspiel vorstellen, erklärt der Astronom gegenüber science.ORF.at. "Wenn sie die Hand vor eine Lampe halten, sieht der Schatten manchmal so aus wie ein Hase. Aber die Hand hat, wie wir alles wissen, in Wirklichkeit eine ganz andere Form."
Er will nun die Methode mit Daten des Gaia-Satelliten auf andere Himmelsregionen anwenden. Gut möglich, so Alves, dass dann noch weitere prominente Objekte vom Nachthimmel verschwinden.
Er und seine Mitarbeiter haben im Rahmen ihrer Studie übrigens auch eine neue, lose strukturierte Sternengruppe namens "Taurion OB" entdeckt. Sie dürfte der Geburtsort von Beteigeuze, dem roten Riesenstern im Arm des Orion, sein.
Robert Czepel, science.ORF.at
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